221
werden, als wenn seine Götter unter die römischen ausge¬
nommen würden»
115.
F o r t s e tz u n g>
So bekamen die Römer nach und nach, wie Vatro ver¬
sichert, über 50,000 Götter, und die Verehrung derselben
artete zu den Zeiten der Kaiser bis ins Lächerliche aus. Oie
Bildsäule des capitolinischcn Jupiter wurde wie ein großer
Herr bedient. Der eine meldete ihm die Namen der Götter,
die ihm ihre Aufwartung zu machen wünschten, der andere
sagte ihm, was die Uhr sei; ein dritter diente ihm als Thür¬
hüter, ein vierter hielt ihm das Rauchfaß vor. Römische
Damen waren beschäftigt, der Juno und Minerva den Kopf¬
putz zurecht zu machen, oder ihnen den Spiegel vorzuhalten.
Künstler aller Art arbeiteten jeder in seiner Kunst für die
Götter.
Bei allen diesen Tollheiten hatte doch die Religion einen
sehr wirksamen Einstuß auf die Sittlichkeit und Tugend der
Römer. Das Volk hatte Ehrfurcht und heilige Scheu vor
so vielen Göttern, von denen cs sich umgeben und beobachtet
glaubte, denn es war überzeugt, daß sie die Tugend liebten,
die Lasier haßten und verabscheuten. Der Glaube an Be¬
lohnungen und Strafen in diesem und einem andern Leben
warnte sie vor Sünden, und stärkte ihre Neigung zum Gu¬
ten. Ihre Religiosität zeigte sich besonders in der gewissen¬
haften Ausübung ihrer Pflichten, und in der Treue, womit
sie die Eidschwüre hielten. Freilich war aber ihre Religion
nicht wirksam genug, dem greulichen Sittenverfall Einhalt
zu thun, den in der Folge Reichthum ünd Luxus herbei¬
führten.