Kap. 48. § 183. Franz von Sickingen u. Ulrich von Hutten. 167 
Weil ihm aber König Franz kein Heer anvertrauen wollte, so suchte er sich wieder 
mit dem alten Kaiser Max zu versöhnen, welcher dann unter der Bedingung, daß er 
aus dem Dienste Frankreichs trat, die über ihn ausgesprochene Reichsacht aufhob. 
Sickingen stimmte nach Kaiser Maximilians Tode für Karl V und machte einen 
Zug gegen Frankreich mit. Als Luther auftrat, strebte Sickingen mit seinen 
Freunden die durch denselben hervorgerufene geistige Bewegung zum Umsturz der 
deutschen Reichsverfassung zu benutzen, und eine Versammlung seiner Anhänger 
zu Landau übertrug ihm förmlich die Vertretung des Adels gegen die 
Fürstenmacht zur Wiedergewinnung seiner früheren Freiheiten. Die von den Ver¬ 
bündeten bezweckte Waffenerhebung richtete sich zunächst gegen den Kurfürsten von 
Trier, den sie als das Haupt der Gegenpartei ansahen. Vergebens ließ Luther 
Fr. v. Sickingen warnen. Als er Trier belagerte, zagender Kurfürst Ludwig V 
von der Pfalz und der Landgraf Philipp von Hessen dem Kurfürsten von Trier 
zu Hülfe, und alle drei brachten den Ritter bald in ein solches Gedränge, daß er sich 
in seine neubefestigte Burg Land stuhl einschloß, die sie nun belagerten. Hier fiel 
er, von einem durch eine, Geschützkugel zersplitterten Balken in die Seite getroffen, 
und starb gleich nach der Übergabe der Burg (1523). 
Mit Sickingen eng verbunden war Zllrich von Hutieu, geb. 1488 auf der Burg 
Stecklenberg (in der Nähe der Kinzigquellen unweit Fulda), aus einem angesehenen 
Rittergeschlechte. Er sollte in seiner Jugend in Fulda Klostergeistlicher werden, entfloh 
aber aus dem Stift und trieb zu Erfurt (unter Eobanus Hessus, Mutianus 
und Crotus Rubeanus) und zu Frankfurt a. d. O. Humaniora. Im Umgang 
mit diesen der Kirche, ja zum Teil dem Christentum entfremdeten Humanisten nahm 
er bald eine überwiegend feindliche Richtung gegen die Kirche an. Scheint er doch 
namentlich bei der Abfassung der Briefe der Obskuranten (epistolae virorum 
obscurorum) thätig gewesen zu sein, in welchen die Dummheit, Sittenlosigkeit der 
Mönche und ihre Verketzerung der Humaniora so getreu karrikiert wurden, daß anfangs 
die Dominikaner selbst die Schrift verbreiteten, die sie nachher vergeblich zu unter¬ 
drücken suchten.^ Von Natur ein genialer, aber unstäter und regelloser Geist, zog er 
seit 1509, ergriffen von einer abenteuernden Wanderlust, bald von einzelnen Gönnern 
unterstützt, bald bettelnd und krank von Ort zu Ort. Endlich ergriff er das Studium 
der Rechtswissenschaft, das er in Pavia begann und — nach einem kurzen Kriegsdienst 
— in Bologna vollendete. Nach Deutschland zurückgekehrt, ward er vom Kaiser 
Maximilian zum Poeta laureatus gemacht und wendete sich der Reformation in der 
oben bezeichneten Richtung zu. Sein kühner Feuergeist und deutscher Freiheits¬ 
sinn drang auf Unabhängigkeit vom Papst und auf Selbständigkeit der deutschen 
Bischöfe. Auf Betrieb des von ihm "in vielen Schriften (besonders in seiner Trias 
romana) angegriffenen Papstes durch den Kurfürsten von Mainz gebannt, fand er 
auf der Ebernburg (in der Nähe von Kreuznach) bei Franz von Sickingen, dessen 
politische Bestrebungen er teilte, eine Zufluchtsstätte. Doch verließ er dieselbe noch vor 
L-ickingens Endgeschick und flüchtete sich in die Schweiz, wo er auf der Insel Ufnau 
im Zürchersee, im Jahre 1523, erst 35 Jahre alt, starb. 
Nachdem Luther die Fundamente des Papsttums und der römischen 
Kirche also angegriffen, sprach der Papst den Bann über Luthers Lehren 
aus und verurteilte seine Schriften zum Feuer. Da schrieb Luther seine 
Schrift „Von der Freiheit des Christen", berief sich auf ein allge¬ 
meines Concilium, und sagte sich dadurch, daß er im Gefolge seiner aka¬ 
demischen Zuhörer vor dem Elster-Thor zu Wittenberg, den 10. Dezember 1520 
die päpstliche Bulle samt dem römischen Kirchenrechte (kanonischen Recht) 
verbrannte, vom Papsttum förmlich los. Dadurch entfremdete sich 
Luther freilich diejenigen seiner bisherigen Anhänger, welche mit ihm eine 
Heilung kirchlicher Gebrechen angestrebt hatten, aber vor einer eigentlichen 
Trennung von der Kirche Scheu trugen. Desto mehr galt es nun, 
auf den tiefsten Grund der Kirche zurückzugehen und zu zeigen, daß man 
denselben nicht verlassen habe. 
(184.) Ein Jahr zuvor hatte auch in der Schweiz der Pfarrer Huldrich
	        
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