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71. Abschied vom Leben.
Als ich schwer verwundet und hilflos in einem Holze lag und zu sterben meinte.
1. Die Wunde brennt; die bleichen Lippen beben. —
Ich fühl's an meines Herzens matterm Schlage,
hier steh' ich an den Marken meiner Tage —
Gott, wie du willst! Dir hab' ich mich ergeben. —
2. Viel goldne Bilder sah ich um mich schweben;
das schöne Traumbild wird zur Totenklage. —
Mut! Mut! — Was ich so treu im Herzen trage,
das muß ja doch dort ewig mit mir leben! —
3. Und was ich hier als Heiligtum erkannte,
wofür ich rasch und jugendlich entbrannte,
ob ich's nun Freiheit, ob ich's Liebe nannte:
4. als lichten Seraph seh' ich's vor mir stehen. —
Und wie die Sinne langsam mir vergehen,
trägt mich ein Hauch zu morgenroten Höhen.
72. Ein Brief Theodor Körners.
Liebster Vater!
Ich schreibe Dir diesmal in einer Angelegenheit, die, wie ich
das feste Vertrauen zu Dir habe, Dich weder befremden noch erschrecken
wird. Neulich gab ich Dir schon einen Wink über mein Vorhaben,
das jetzt zur Reife gediehen ist. Deutschland steht auf; der preußische
Adler erweckt in allen treuen Herzen durch seine kühnen Flügelschläge
die große Hoffnung einer deutschen, wenigstens norddeutschen Frei¬
heit. Meine Kunst seufzt nach ihrem Vaterlande, laß mich ihr wür¬
diger Jünger sein! Ja, liebster Vater, ich will Soldat werden, ich
will das hier gewonnene glückliche und sorgenfreie Leben mit Freuden
hinwerfen, um, sei's auch mit meinem Blute, mir mein Vaterland
zu erkämpfen. Nenn's nicht Übermut, Leichtsinn, Wildheit! Vor zwei
Jahren hätte ich es so nennen lassen; jetzt, da ich weiß, welche Selig¬
keit in diesem Leben reifen kann, jetzt, da alle Sterne meines Glücks
in schöner Milde auf mich niederleuchten, jetzt ist es, bei Gott! ein
würdiges Gefühl, das mich treibt, jetzt ist es die mächtige Überzeugung,
daß kein Opfer zu groß sei für das höchste menschliche Gut, für seines
Volkes Freiheit. Vielleicht sagt Dein bestochenes väterliches Herz:
,Theodor ist zu größeren Zwecken da; er hätte auf einem anderen
Felde Wichtigeres und Bedeutendes leisten können; er ist der Mensch¬
heit noch ein großes Pfund zu berechnen schuldig? Aber, Vater, meine