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Die drei waren ganz warm geworden von ihrem inneren
Glück, trotz der weißen Schneekruste, die sich über sie gelegt;
sie eilten nicht heim, denn ihrer wartete kein Bäumchen, keine
Bescherung und Überraschung, sie hatten ihr Geschenk schon
erhalten, das größte, das ihnen hatte werden können — das
göttliche Geschenk ihrer Ehre, ihrer unangetasteten Menschen¬
würde.
25. Weihnacht. Von Ernst von Wildenbruch.
1 \ie Welt wird kalt, die Welt wird stumm,
Der Winter-Tod geht schweigend um;
Er zieht das Leilach weiß und dicht
Der Erde übers Angesicht —
Schlafe — schlafe!
2. Du breitgewölbte Erdenbrust,
Du Stätte aller Lebenslust,
Hast Duft genug im Lenz gesprüht,
Im Sommer heiß genug geglüht,
Nun komme ich, nun bist du mein,
Gefesselt nun im engen Schrein —
Schlafe — schlafe!
3. Die Winternacht hängt schwarz und schwer,
Ihr Mantel fegt die Erde leer,
Die Erde wird ein schweigend Grab,
Ein Ton geht zitternd auf und ab:
Sterben — sterben!
4. Da horch im totenstillen Wald
Was für ein süßer Ton erschallt?
Da sieh — in tiefer dunkler Nacht
Was für ein süßes Licht erwacht?
Als wie von Kinderlippen klingt’s,
Von Ast zu Ast wie Flammen springt’s,
Vom Himmel kommt’s wie Engelsang,
Ein Flöten- und Schalmeienklang:
Weihnacht — Weihnacht!
5. Und siehe — welch ein Wundertraum:
Es wird lebendig Baum an Baum,
Der Wald steht auf, der ganze Hain
Zieht wandelnd in die Stadt hinein;