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Sein Tod steigerte die beginnende Geisteszerrüttung seiner Gemahlin zum
unheilbaren Wahnsinn, von welchem sie erst nach 49 Jahren durch den
Tod erlöst wurde. Ferdinand verwaltete beide Länder bis zu seinem Tode
(1516). Ihm folgte sein Enkel, Karl V.
2. Portugal. Nachdem Alfons III. (1245—1279) durch die Er¬
oberung Algarbiens die Befreiung Portugals von der Herrschaft der Mauren
vollendet hatte, hob sich unter der kräftigen Regierung seiner nächsten Nach¬
folger der Wohlstand des Landes. Johann I. (1383—1433) griff die
Mauren in Afrika an und entriß ihnen die große und reiche Handelsstadt
Ceuta (1415). Diese Eroberung flößte dem tätigen Geiste der Portugiesen
Mut zu größeren Unternehmungen zur See ein, und so begannen die folgen¬
reichen Entdeckungsreisen und die von Johann II. und Emanuel d. Gr.
ins Leben gerufene großartige Kolonialpolitik, durch welche Portugal in
kurzer Zeit der erste Handelsstaat und Lissabon die erste Seehandelsstadt
Europas wurde.
§ 88. Entdeckung des Seeweges um Afrika durch dir Portugiesen.
(1497.)
Der Jnfant r Heinrich der Seefahrer, der dritte Sohn Johanns I.
von Portugal, ein eifriger Freund der Wissenschaften, insbesondere der
Schiffahrtskunde, dessen Landsitz in der Nähe von Lagos der Sammel¬
platz der bedeutendsten Seefahrer geworden war, sandte im Jahre 1418
einige seiner tüchtigsten Seeleute zur näheren Untersuchung der Westküste
Afrikas aus. Sein großer Zweck war die Entdeckung eines Seeweges
nach Indien durch die Umschiffung Afrikas. Nach der Entdeckung der
Insel Porto Santo setzten die kühnen Seefahrer ihre Fahrt weiter fort
und gelangten zu der Insel Madeira (1419), die sie unbewohnt und
mit dichten Wäldern bedeckt fanden. Die Wälder wurden angezündet und
sollen sieben Jahre lang gebrannt haben. Heinrich legte auf dieser Insel
eine Kolonie an und ließ Zuckerrohr aus Sizilien und Reben aus Cypern
auf derselben anpflanzen, die trefflich gediehen. Später wurden die Ka¬
narischen Inseln und im Jahre 1431 auch die Azoren entdeckt. Im
Jahre 1432 umschiffte Gilianez, einer der kühnsten Seefahrer Heinrichs,
das Kap Non — jetzt Bojador, d. h. das umschiffte, genannt —'
eine in das Meer vorspringende Felswand, die bisher für das Ende der
Welt gegolten hatte. Bis zum Tode Heinrichs (1460) wurden noch die
Mündung des Senegal, die Inseln des Grünen Vorgebirges und
die Küste von Guinea erreicht. Nach Heinrichs Tode gerieten die Unter¬
nehmungen eine Zeitlang ins Stocken und wurden erst unter Johann II.
1 Jnfant, von dem lateinischen Worte infans, Kind, ist der Titel der spanischen
und portugiesischen Prinzen.
Klein, Weltgeschichte. 10. Aufl. i r