Carl der Große,
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Gegen Ende dieses Jahres erkrankte der um die Bekehrung des
Sachsenlandes so verdiente Abt Sturm zu Eresburg und im December
machte zu Fulda, wohin er kurz vorher gebracht war, der Tod seinem
vielbewegten Leben ein Ende.
4. Nach dem Tode Sturm's, der bis dahin das ganze Bekehrnngs«
werk in Sachsen geleitet hatte, mußte Carl der Gr. nothwendig neue
Anordnungen treffen, wenn das heilige Werk nicht in's Stocken gera-
then sollte. Daher unternahm er im Jahre 780 auf's neue einen
Zug in's Sachsenland und hielt an den Quellen der Lippe eine große
Versammlung. Hier vertheilte er das ganze Land unter die benachbar¬
ten fränkischen Bischöfe, so daß jeder die Aufsicht über einen ihm über¬
wiesenen Misfionsbezirk zu führen hatte. Paderborn und seine Um¬
gebung fiel dem Bischöfe von Würzburg zu. Die Sachsen, welche bis
dahin als Gefangene oder als Geiseln in Carl's Gewalt gekommen wa¬
ren, wurden in fränkische Clüster vertheilt, damit sie, daselbst in der
christlichen Religion und den Wissenschaften unterrichtet, einst ihrem
Volke als Lehrer und Priester dienen könnten. Nachdem Carl das
ganze Land bis zur Elbe hin unterworfen und die Angelegenheiten der
Sachsen geordnet hatte, kehrte er zurück, um nach Italien zu ziehen
und seinen zweiten Sohn, Pippin, zum Könige von Italien, sowie den
dritten, Ludwig, zum Beherrscher von Aquitanien vom Papste salben
zu lassen.
5. Um in Sachsen ebenso, wie es bei den Franken alljährlich ge¬
schah, eine allgemeine Versammlung zu halten, zog Carl im I. 782
wiederum dahin und schlug au den Quellen der Lippe sein Lager auf,
wo er eine Gesandtschaft des Dänenkönigs Sigifrid empfing und aus
den Edelsten der Sachsen Grafen wählte, die er den einzelnen Graf¬
schaften vorsetzte, in welche er das Land getheilt hatte.
6. Als Carl nach beendigter Versammlung über den Rhein zurück¬
gegangen war, kehrte auch der furchtbare Widukind, welcher sich zu den
Normannen geflüchtet hatte, in sein Vaterland zurück, um dasselbe wie¬
derum zu den Waffen zu rufen. Gleichzeitig waren die zwischen der
Elbe und Saale wohnenden Sorben in Sachsen eingefallen. Ein Heer
der Ostfranken, welches ihnen mit den Sachsen entgegen ziehen sollte,
wurde mit seinen Anführern Adalgis und Geilo am Berge Snntal
(bei Hausberge) an der Weser fast gänzlich vernichtet und Rache an
Allem genommen, was an die verhaßte Herrschaft der Franken erin¬
nerte. Da zieht der unwiderstehliche Frankenkönig selbst heran; umsonst
fordert Widukind zum Kampfe auf; die Sachsen fliehen beim Anmarsche
des zornentbrannten Königs auseinander. Er dringt siegreich vor bis
nach Fardi (Verden an der Aller); dorthin fordert er die Häupter der
Sachsen vor seinen Richterstnhl; sie erscheinen und flehen um Gnade,
indem sie alle Schuld auf Widukind werfen, der sich wiederum zu den
Normannen geflüchtet hatte. Ihr Flehen, ihre Entschuldigung ist dies¬
mal vergebens. Der erzürnte König läßt viertausend fünfhundert Theil-
vehmer der Empörung an einem Tage zu Verden enthaupten.
7. Dieses grausame Mittel hatte eine ganz andere Wirkung, als
Carl bezweckt hatte. Das ganze Sachsenvolk 'erhob sich jetzt aus seinen
entlegensten Sitzen und im Frühlinge des J.783 entbrannte ein furcht¬
barer Kampf. Widukind steht wieder an der Spitze und fordert das
Volk zur Rache auf für die zu Verden enthaupteten Brüder. Aber