Deutschland unter Conrad I. dem Franken.
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2. Diese furchtbaren Feinde fielen im 1.899 zuerst in die Ostmark
und im folgenden Jahre in Bayern ein. Der Markgraf Luitpold, wel¬
cher damals die herzogliche Würde über Bayern erhielt, sammelte ge¬
gen diese Raubschaareu schnell ein Heer; aber diese waren eben so schnell
wieder verschwunden, als sie gekommen waren. Von da an machten
sie fast jedes Jahr einen Einfall in Deutschland, während im Innern
desselben ein gesetzloser Zustand herrschte und die Großen blutige Feh¬
den unter einander führten, welche der junge König nicht zu unterdrüc¬
ken vermochte. Da indessen die Ungarn immer mächtiger und verwe¬
gener wurden, so daß sie im I. 906 sogar durch Thüringen in Sachsen
eindrangen und auf eine unerhörte Weise diese Länder verheerten; so
sammelte der König Ludwig (907) ein großes Heer an der Enns und
lieferte den Feinden eine dreitägige Schlacht, die jedoch zum Nachtheile
der Deutschen ausfiel.
3. Deshalb wurden in den folgenden Jahren (908, 909, 910,
914, 918) diese Einfälle wiederholt und Deutschland auf schaudererre¬
gende Weise verwüstet und verheert. Zum Glück für das so schwer
heimgesnchte Land starb der König Ludwig schon im I. 911, erst 18
Jahre alt. Mit ihm erlosch in Deutschland das Geschlecht der Caro-
linger; doch gehörten noch seine beiden nächsten Nachfolger von müt¬
terlicher Seite her der karolingischen Familie an, und wurden besonders
aus diesem Grunde von don deutschen Fürsten zu Königen gewählt.
In Frankreich und Italien bestand das Geschlecht Carl's des Großen,
wenngleich in geringem Ansehen, noch einige Zeit fort.
§. 51. Deutschland unter Conrad I., dem Frauken. 911—919.
1. Während der Herrschaft des minderjährigen Königs Ludwig
hatten die deutschen Fürsten passende Gelegenheit gefunden, ihre eigene
Macht auf Kosten der königlichen bedeutend zu erweitern. Deshalb
ließen sie auch mehrere Monate nach Ludwig's Tode vorübergehen,
ehe sie sich über die Erwählung eines neuen Königs vereinigten, um
inzwischen ihre Macht mehr zu befestigen, wodurch bewirkt wurde, daß
Deutschland damals aus fünf Völkerstämmen und Herzogthümern be¬
stand, nämlich Sachsen, Franken, Bayern, Schwaben und Lothringen,
unter welchen nur noch ein schwacher Zusammenhang stattfand. Das
deutsche Reich würde wahrscheinlich damals in lauter kleinere und grö¬
ßere Herrschaften zersplittert worden sein, hätten nicht die Franken und
Sachsen darin übereingestimmt, daß wieder ein König gewählt werden
müsse. Zuerst wurde dem Sachsenherzoge Otto dem'Erlauchten die
Krone angetragcn; dieser schlug aber, sein herannahendes Alter erwä¬
gend, den ostfränkischen Herzog Conrad, einen tapfern und edelmü-
thigen Mann, zum Könige vor, der nicht allein von mütterlicher Seite
von den Carolingern abstammte, sondern auch unter den letzten Köni¬
gen in hohem Ansehen gestanden hatte. So wurde dann Conrad (im
91ov. 911) von den Sachsen und Franken zum Könige erwählt, aber
es vergingen sieben Jahre, ehe er es dahin brachte, daß er auch von
den übrigen deutschen Stämmen als solcher anerkannt wurde. _
2. Conrad's Sorge und Thätigkcit war vorzüglich darauf gerich¬
tet, das sehr gesunkene königliche Ansehen wiedcrherzustellen und die
einzelnen ^Theile des deutschen Reichskörpers wieder enger mit einander
zu verknüpfen. Seinen ersten Heereszug unternahm Eonrad gegen