Niederlage der Cimbern und Teutonen.
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und über die Brücke zurück, ehe es den Feinden, die schon Baumstämme und
Balken gegen die Brücke hinabtreiben ließen, gelang, diese zu zerstören und
den Römern den Rückzug abzuschneiden. Rach der Zerstörung der Brücke
stürzen sich die Cimbern, die Waffen in der Hand, in die Wellen und
schwimmen so über den Strom. Staunen und Angst zugleich ergreift das
Römerheer und treibt es in verwirrter Flucht, den Consul an der Spitze,
bis über den Po hin. Am rechten Ufer desselben sammeln sich die meisten
wieder, andere aber treibt die Angst bis nach Rom hin, wo Schrecken und
Entsetzen (terror cimbricus) Aller Gemüther erfüllt, als stände der furcht¬
bare Feind schon vor den Thoren der ewigen Stadt. Das geschah im Som¬
mer des I. 102, um dieselbe Zeit, wo es zwischen den Römern und Teu-
touen bei Aquä Sextiä zur Entscheidung kam. Hätten die Cimbern ihren
Angriff ununterbrochen fortgesetzt, so konnte Rom in der That in eine sehr
bedrängte Lage gerathen; aber ihrer Gewohnheit nach verfolgten sie ihren
Sieg vorläufig nicht weiter; sie uberflutheten das nördliche Italien bis zum
Po hin und ergaben sich dem Weine und andern entnervenden Genüssen,
welche das fruchtbare Land ihnen reichlich bot. Während sie dadurch an
Geist und Körper erschlafften und Muth und Kampflust verloren, zog der
siegesstolze Marius aus Gallien heran, vereinigte im Frühlinge des I. 101
sein Heer mit dem des Proconsul Catulus, setzte über den Po und nahm
auf dessen linkem Ufer eine feste Stellung ein. Dort kam cs zunächst zu
Unterhandlungen zwischen Germanen und Römern: die erstern forderten,
außer der Abtretung Galliens, Land und Städte für sich und ihre Brüder.
Auf die Frage, wer dann ihre Brüder seiend erwiederten sie: ,,Die Teuto¬
nen." Da ließ Marius gefangene Fürsten der Teutonen, mit Ketten be¬
lastet, vor die Gesandten führen. Mit Ingrimm gegen die Römer kehrten
die Gesandten zu den Ihrigen zurück und erfüllten sie mit Rachedurst und
Kampfeslust. Zornentbrannt sprengte Bojorix selbst, der König^ der Cim-
bcrn, zum Lager der Römer heran und forderte, daß Marius Zeit und Ort
der Schlacht bestimmen möchte. Sie ward auf den nächsten Tag festgesetzt.*
5. Als der folgende Tag anbrach ■— es war der 30. Juli des Jahres
101 v. Ehr. — stellte Marius, begünstigt durch einen dichten Nebel, in
der raudischen Ebene bei Vereellä seine Legionen in Schlachtordnung: die
Sieger von Aquä Sextiä auf beide Flügel, den Catulus mit seinen Schaa-
ren in die Mitte. Da rücken in einem großen Vierecke die Cimbern heran,
die ersten Glieder sind mit Ketten an einander gebunden, damit der Feind
sie nicht sprenge. Sobald sie den Römern nahe genug sind, bilden sie einen
Keil, um die Mitte zu durchbrechen. _ Die Römer halten das für Flucht
und stürzen von beiden Seiten auf die Germanen los; diese aber dringen
auf die Legionen des Catulus ein und werfen Alles vor sich nieder. Auf
allen Seiten entbrennt der hitzigste Kampf, das Waffenglück schwankt hin
und her und Marius hebt in tiefster Angst flehend die Hände empor und
gelobt große Opfer seinen Göttern. Und als der Kampf am heftigsten wü¬
tbet, bricht plötzlich die Sonne durch den Nebel und blendet die kämpfenden
Cimbern; ein starker Wind erhebt sich und treibt ihnen den Staub ins Ge¬
sicht. Dennoch halten sie Stand, bis endlich die glühende Mittagssonne sie
völlig erschöpft. Die vordern Reihen, durch die Ketten an freier Bewegung
gehindert, werden niedergeschmettert. Und als auch Bojorix fällt, da kommt
Schrecken^und Verwirrung über die Schaaren der Cimbern und treibt sie
in wilde Flucht. Furchtbar wüthete unter ihnen das Schwert der Römer:
gegen 100,000 sollen gefallen, eine halb so große Anzahl soll gefangen genom¬
men sein. Als die Männer in die Flucht getrieben, dem Lager zueilten.