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aller Art vorbereitet, befähigt worden ist, nicht im Geringsten ge¬
schmälert. Und wenn wir je in Bewunderung der geschwundenen
Größe unseres Landes uns vertiefen, so müssen wir unsere dankba¬
ren Blicke stets auch recht freudig auf das Gedächtniß des Boni-
facius wenden.
SK.
Karl der Große.
Pipin, der erste König der Franken aus dem Geschlechte der
Karolinger, hinterließ (768) zwei Söhne, Karlmann und Karl. Er-
sterer bekam Neustrien, letzterer Austrasien. Karl heirathete die
Tochter des longobardischen Königs Desiderius, schickte sie aber bald
ihrem Vater wieder zurück und reizte dadurch die Langobarden gegen
sich auf. Als Karlmann schon 771 gestorben und Karl sich sogleich
Neustriens bemächtigt hatte, floh dessen Witwe hülfesuchend zu
Desiderius. Dieser wollte den Papst zwingen, die Söhne Karl¬
manns zu fränkischen Königen zu salben. Da zog Karl mit seinem
Heere nach Italien. Desiderius ward in Pavia eingeschlossen. Als
er von einem Thurme herab die heranziehenden Schaaren der Fran¬
ken betrachtet und überall vergebens den großen Karl gesucht hatte,
ihn aber dann endlich vor allen anderen Männern hoch hervorra¬
gend (Karl maß sieben Fuß) und ganz von Eisen bedeckt erblickte:
da sank er zusammen und rief schmerzlich seinen Begleitern zu:
„Lasst uns hinabsteigen und uns in die Erde bergen vor dem zor¬
nigen Antlitz eines so gewaltigen Feindes!" Er ergab sich auf
Gnade und Ungnade. Karl schickte ihn in ein Kloster, setzte sich
selbst die eiserne (so genannt von ihrem Reif, welcher aus einem
Nagel vom Kreuze Christi geschmiedet war) longobardische Königs¬
krone auf und richtete das Land als fränkische Provinz ein. Darauf
schloß er in Rom aufs Neue ein enges Bündniß mit dem Papste.
So schnell freilich mochten die Longobarden das neue Joch nicht
gewohnt werden; noch zweimal musste Karl in späteren Jahren
ihr Land mit Kriegsmacht überziehen, ehe sie ihm völlig gehorchten.