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Kind geboren, man legte dies in den Wald und zog den Cyrus
als Hirtenknaben auf. Er zeichnete sich früh unter seinen Genossen
durch Kraft, Muth und Verstand aus. In einem Knabenspiele
hatte er, von den übrigen zum Könige erwählt, den ungehorsamen
Sohn eines vornehmen Meders bestrafen lassen. Der Vater be¬
klagte sich beim Astyages, dieser ließ den Cyrus kommen und er¬
kannte ihn nach eingezogenen Erkundigungen als seinen Enkel. Die
Magier meinten zwar, der Traum sey schon in Erfüllung gegan¬
gen, da ja Cyrus König gewesen, und das bestimmte den Astya¬
ges, den Knaben leben zu lassen; allein von der Rache des Har-
pagus hielt es ihn nicht ab: dieser musste, ohne es vorher zu wissen,
von dem gebratenen Fleische seines eigenen Sohnes essen. Cyrus
kam nun zu seinen Eltern unter die Perser. Älter geworden, ward
er von Harpagus zur Empörung angereizt. Er ließ eines Tages
die Perser zusammenkommen, las ihnen einen erdichteren Brief des
Astyages vor, in welchem er zu ihrem Anführer bestimmt sey, und
befahl ihnen, ein Feld voll Dornen zu bearbeiten. Am andern
Tage gab er ihnen ein prächtiges Mahl und fragte sie dann, wel¬
cher Tag ihnen am meisten gefallen habe. Auf ihre Antwort for¬
derte er sie unter seiner Anführung zur Empörung auf, damit sie
als Herren der Meder immer so herrliche Tage haben könnten.
Er zog nun an der Spitze der Perser gegen den Astyages. Dieser
hatte unbegreiflicher Weise den Harpagus zu seinem Feldherrn er¬
wählt. Kaum trafen die beiden feindlichen Heere zusammen, so
unterwarf sich Harpagus. Astyages verlor seinen Thron, wurde
Statthalter in einer entfernten Provinz, und Cyrus war nun un¬
umschränkter Herr über Persien, Medien und Assyrien.
Allein die zur Herrschaft gekommenen Perser durften nicht in
Unthätigkeit versinken und, wie die Meder, verweichlichen. Darum
gab ihnen Cyrus Arbeit Theils durch Städtegründungen wie Susa,
Persepolis, Theils durch Eroberungszüge. Der erste ging gegen
den Krösus. Dieser, von Geburt ein Lyder, beherrschte alle Völ¬
ker diesseit des Flusses Halys; Sardes, die Hauptstadt seines gro¬
ßen Reiches, stand auf dem höchsten Gipfel ihrer Herrlichkeit. Da¬
hin strömten alle Weisen jener Zeit. Unter anderen erschien an dem
Hofe des Krösus einst auch Solon von Athen. Dieser hatte den