Full text: Grundriß der deutschen Geschichte mit geographischen Uebersichten für die mittleren Klassen der Gymnasien und höhern Bürgerschulen

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Der Hnssiteiikrieg. 75 
Gebrauche des Kelches gewöhnlich benannte) an, und räumte ihnen 
in Prag Archen ein; bald aber schienen die Umtriebe ihrer Häupter, 
Niclas von Hussinecz und Johann Ziska, ihm selbst gefährlich zu 
werden, und er suchte dieselben einzuschränken. 
Bei einer Prozession der Hussiten durch Prag verlangten diese vom Magi¬ 
strate die Freilassung einiger gefangenen Glaubensgenossen und stürzten nach 
einer abschlägigen Antwort die (11) Magistratspersonen aus den Fenstern des 
Rathhauses in die Spieße des wüthenden Pöbels. 
Nach Wenzel's Tode (1419) weigerten sich die Hussiten, Sig¬ 
mund, dem sie das Schicksal des I. Hnß zuschrieben, als König von 
Böhmen anzuerkennen, und Ziska suchte durch Volksversammlungen 
ans den Bergen Tabor, Horeb u. s. w. den Aufstand über ganz 
Böhmen zu verbreiten. Als Kaiser Sigmund (1420) selbst mit 
einem großen Heere vor Prag erschien, schlug Ziska mit seinen 
fanatisch begeisterten (mit Dreschflegeln und Feuerhaken bewaffneten) 
Taboriten den Sturni ab und besiegte den Kaiser zweimal, welcher 
sich nach Mähren zurückzog. Obwohl gänzlich erblindet, vertheidigte 
der siebenzigjährige Ziska Böhmen auch im folgenden Jahre (1421) 
gegen den Kaiser, dessen zweiter Kriegszug dahin (durch die Schlacht 
bei Deutschbrod) fast noch unglücklicher und schimpflicher endete, als 
der erste. Aber als Ziska wie ein unumschränkter Gebieter Alles 
seinen Befehlen unterordnen und weder politische noch religiöse Mei¬ 
nungen neben den seinigen dulden wollte, entzweiten sich die Prager 
und der böhmische Adel mit ihm und seinen Anhängern, den Tabo- 
rllen, und es entstand ein verheerender Bürgerkrieg bis zum Tode 
des blinden Taboritenführers (1424). 
Nach seinem Tode trennten sich die Taboriten selbst wieder in zwei Par¬ 
teien: die Mehrzahl wählte Ziska's Unterbefehlöhaber, einen gewesenen Mönch, 
Procopius den Großen, zu ihrem Anführer, während die Minderzahl Anfangs 
absichtlich ohne Führer blieb und sich die Waisen (Orphaniten) nannte, später 
aber Procopius den Kleinen an ihre Spitze stellte. 
Die wiederholten Verheernngszüge, welche die unter sich un¬ 
einigen Hussiten in den folgenden Jahren gegen die Nachbarländer 
Böhmens: Schlesien, Mähren, Oesterreich, Baiern, unternahmen, 
veranlaßten drei neue Züge des deutschen Reichsheeres nach Böh¬ 
men, die theils durch die Taktik der böhmischen Feldherren aufge¬ 
rieben wurden (wie bei Aussig 1426), theils bloß durch den Schrecken 
des Namens ihrer fanatischen Gegner sich in schmählicher Flucht 
auflösten (wie bei Mies 1427 und bei Tauß 1431). Erst als jede 
Hoffnung auf Sieg durch Waffengewalt und auf die Auflösung des
	        
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