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Schlacht vermeiden und wurde unter unaufhörlichen Gefechten von der
Piave und dem Tagliamento bis hinter Klagenfurt gedrängt. Zu An¬
fange Aprils befand sich die östreichische Armee im vollen Rückzüge auf
der Straße nach Wien. Aber jetzt erließ der Kaiser ein Gebot zum Auf-
stande in Masse, und die Nation leistete mit edler Bereitwilligkeit Folge.
Den Stadien ging Wien mit dem Beispiel allgemeiner Bewaffnung und
der Stellung freiwilliger Streiter voran; die Ungarn rüsteten, und die
braven Tyroler waren zur Vertheidigung ihrer Berge bereits in den
Waffen.
Bonaparte's Lage wurde jetzt bedenklich. Er hatte erwartet, daß
zwei französische Armeen unter Moreau und Ho che über den Rhein
vordringen und ihm die Hand bieten würden. Aber das geschah nicht,
und hinter ihm kam in den venetianischen Provinzen die Volkswuth ge¬
gen die Franzosen zum Ausbruch. In dieser Verlegenheit machte er
dem Erzherzog Karl Friedensanträge, die dieser aber ablehnte. Da aber
Bonaparte feste Miene behielt und weiter auf Wien zog, so zeigte sich
der Kaiser zum Frieden geneigt. Am 18. April 1797 wurde auf dem
Schlöffe Eckwald bei Leoben ein Präliminarfriede zwischen
Oestreich und Frankreich unterzeichnet. Oestreich trat Belgien und
das Mailändische bis an den Po ab, gegen das Versprechen, durch ve-
netianische Provinzen entschädigt zu werden.
Vemdigs einst so ruhmvolle Republik Venedig war in äußere Be-
deutungßlosigkeit und innere Erschlaffung versunken. Die Volkshecrschaft
war schon im dreizehnten Jahrhundert bei der schnell wachsenden Ver¬
mögensungleichheit zur Adelsherrschaft zusammengeschrumpft; an die
Stelle der Volksversammlung war ein bloß aus Adeligen (NobiliV) be¬
stehender großer Rath getreten. In. der folgenden Zeit aber stand der
große Rath unter dem Einflüsse einer Anzahl mächtiger Familien, welche
die Stellen im Senate als Erbstücke inne hatten. Ein Ausschuß des
Senats, der Rath der Zehn, war mit unumschränkter Vollmacht beklei-
det. Der rechte Arm der Zehn war die Staarsinguisition, welche auf
namenlose Anklagen hin den Dogen wie den gemeinsten Bürger vor ihren
nächtlichen Richterstuhl zog. In den Augen dieser Wächter des abgelebten
Staates war nichts strafbarer, als Theilnahme an den öffentlichen An-
gelegenheiten. Alles war erlaubt, nur kein Urtheil über den Staat.
Alle Mittel des Sinnengenuffes wurden gehegt, und von der flnstersten
aller Regierungen jeder Liederlichkeit der Zügel gelockert.
Die Aristokraten von Venedig waren wehrlos, kraftlos, kopflos,
als der Sturm der französischen Revolution über Italien hereinbrach.
Die Schiffe verfaulten in den Häfen, die Festungen fielen in Trümmern,
das Landheer, aus Slavoniern und geworbenen Abenteurern zusammen¬
gesetzt, wurde von Fremden befehligt. Der Staatsinquisition fehlte es an
Geschicklichkeit oder an Kraft, um eine Faction von Revolutionsmännern
zu entdecken, oder zu strafen, die sich theils aus den verdorbenen Ele¬
menten der Bevölkerung, theils aus bethörten, häufig wohlmeinenden
Menschen bildete. Der Einfluß der Revolutionspartei und die Schwäche
und Einfalt der Regierung verhinderten jede kräftige Maßregel, welche
das Verhältniß zu Frankreich forderte. Die Republik Venedig beglau.