Full text: Das Königreich Sachsen und seine Fürsten

Friedrich der Sanstmüthige. 
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welcher am Hof erzogen ward und mit Albert in demselben Bette 
schlief. Als sie denselben herab in den Hof brachten, führte ihn Kunz, 
den Mißgriff sogleich wahrnehmend, zurück, um dafür den Prinzen 
Albert zu holen. Inzwischen war die unglückliche Mutter Marga¬ 
retha erwacht. Die Riegel vor der Thüre behinderten sie, ihren theu- 
ren Kindern zu Hülfe zu kommen. Da rief sie flehentlich zu Kunz, 
den sie erkannt hatte, durch's Fenster herab um ihre Kinder und that 
ihm die größten Versprechungen; aber umsonst. Kunz, für Alles 
taub, eilte mit seinem Raube und seinen Räubern in die dunkle 
Nacht hinaus. 
Kunz, welcher den jüngern Prinzen Albert zu sich genommen, 
eilte, von seinem Knappen Schweinitz begleitet, auf dem geraden 
Wege nach Böhmen durch das Erzgebirge zu, während Mosen und 
Schönfels mit Ernst auf einem Umwege über Zwickau durch das 
Voigt- und Frankenland dahin gelangen sollten. Diese Theilung ge¬ 
schah, um alles Aufsehen zu vermeiden und das Gelingen des hinter¬ 
listigen Unternehmens desto eher zu sichern. Kaum war die beispiellose 
Unthat geschehen, so flogen Eilboten zum Kurfürsten nach Leipzig, 
und dieser verordnete unverzüglich, daß allenthalben Sturm geläutet 
würde, und ließ außerdem nach allen Richtungen hin auf fliegenden 
Rossen Späher aussenden. Bei der Glut der Sonne des achten Juli 
und dem eiligen Ritte waren Roß und Mann etwas ermüdet, auch 
klagte Prinz Albert in Kunzen's Geleite über brennenden Durst. 
Als man daher auf Neben- und Waldwegen bis in die Gegend von 
Elterlein und Grünhain gekommen war, ließ Kunz im dichten Walde 
absitzen und gestattete dem Prinzen, sich Erdbeeren zu suchen. Kunz 
streckte sich auf's Moos tlnd glaubte sich sicher. Doch die Vorsehung 
wachte. Der Prinz fand einen Köhler, Georg Schmidt, der in der 
Nähe seine Meiler hatte, und entdeckte sich ihm. Da ging der Köhler 
mit seinem Schürbaum auf den am Boden gelagerten Kunz los und 
versetzte ihm tüchtige Schläge, nahm ihn zuletzt, da sein Weib die 
übrigen Köhler hcrbeigerufen hatte, sammt seinem Knappen gefangen 
und fesselte dieselben mit Stricken und Baumseilen. Hierauf brachten 
die Köhler den Prinzen sammt den Räubern nach Grünhain zum Abte 
des dortigen Klosters, Liborius. Dieser entsandte den mit Speise 
und Trank erquickten Prinzen unter Bedeckung bewaffneter Knechte 
und der wackeren Köhler zu den bekümmerten Aeltern; den Räuber Kunz 
und seinen Knappen aber ließ er unter scharfer Wache an den kur¬ 
fürstlichen Voigt zu Zwickau abliefern. Die Köhler brachten den 
Prinzen wie im Triumphzuge nach Altenburg zu den hocherfreuten 
Aeltern, und der bescheidene Georg Schmidt bat sich, aufgefordert, 
keine größere Gnade aus, als in jenem Walde, wo er den theuren 
Prinzen gerettet, frei Kohlen brennen zu dürfen. Der Kurfürst gewährte 
ihm dieß gern und schenkte ihm zugleich ein Freigut zu Eckartsbach 
bei Zwickau sammt einer jährlichen Gctrcidercnte aus dem Amte 
*) Es war dicß an dem davon sogenannten Fnrstenberge, woselbst die Bewohner der 
Umgegend im I. 1822 zum Andenken an jene Begebenheit ein Denkmal errichteten.
	        
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