100
Friedrich der Weise.
Stern- und Naturkunde. Als er sich mit seinem, dem geistlichen Stande
sich widmenden Bruder Albert am Hofe des Kurfürsten und Erzbi¬
schofs von Mainz aufhielt, wurde er daselbst auch mit der damals in
Deutschland wenig bekannten französischen Sprache vertraut. Noch spät
bezeigte er seinen Lehrern. die ungeschwächte, dankbarste Verehrung.
Neben den Wissenschaften auch den Künsten obliegend, zeigte er beson¬
ders große Vorliebe für Musik*), sowie er auch in den ritterlichen
Uebungen, namentlich im Turnieren, rühmlich sich auszeichnete, so daß
er später selbst mit dem berühmten Meister in solchen Uebungen, mit
dem Kaiser Maximilian, ein Rennen bestand.
Im dreiundzwanzigsten Jahre seines Alters rief ihn der Tod sei¬
nes Vaters zur Regierung, die er, mit Ausnahme des ihm allein ge¬
bührenden Kurlandes, in den übrigen ernestinischen Landen gemein¬
schaftlich mit seinem Bruder Johann bis an seinen Tod mit einer
Eintracht führte, welche, ungeachtet ihre Regierung in die schwierigsten
Zeiten fiel, auch nicht durch das geringste Mißverständniß getrübt,
sondern so sorgfältig bewahrt ward, daß keiner der auf dem Schlosse
zu Weimar beisammen wohnenden Brüder einen Diener annahm, der
dem andern nicht genehm war. An ihnen bewährte sich das erste von
den „drei schönen "Dingen", welche die heilige Schrift als „Gott und
Menschen wohlgefällig" preiset, nämlich „wenn Brüder eins sind", auf
das Segensreichste.
Mit dem Oheim Albert geriethen sie in einige Irrungen, welche
noch von der Theilung herrührten und einige noch ungetheilte Lehen
betrafen. Doch wurden diese durch den am 15. Februar 1491 zu
Osch atz errichteten Vertrag auf das Friedlichste beigelegt. Auch
gingen die Brüder mit diesem ihrem Oheim einen Erbvertrag ein,
nach welchem sie ihm für den Fall, daß sie ohne männliche Erben
sterben sollten, die ernestinischen Lande erblich zusagten.
Wenige Jahre darauf, nämlich im Frühling 1493, unternahm
Kurfürst Friedrich der Weise, nachdem er sein Testament gemacht,
eine Wallfahrt nach Palästina zum heiligen Grabe. Ein statt¬
liches Gefolge geleitete ihn dahin. (Außer dem Herzog Christoph
von Bayern zogen mit ihm viele meißnische und thüringische Grafen
und Edelleute. Auch begleitete ihn sein Leibarzt und ehemaliger Leh¬
rer M. Poll ich, sowie der berühmte Maler Lucas Cranach auf
dieser frommen Reise.) In Jerusalem wurde der Kurfürst zum Ritter
des heil. Grabes ernannt und im Herbste desselben Jahres kehrte er
mit seinem glänzenden Gefolge ins Vaterland zurück.
In demselben Jahre starb Kaiser Friedrich III., und dessen rit¬
terlicher und geistreicher Sohn Maximilian 1. folgte ihm auf dem
Throne. Dieser belehnte den Kurfürsten Friedrich unter den üblichen
Feierlichkeiten mit der Kur und berief ihn, da er dessen Tüchtigkeit
und Charakter erkannt und durchschauet hatte, schon im I. 1496 aus
*) Bis an seinen Tod unterhielt er eine Gesellschaft von Musikern und Sängern
leine Kapelle) an seinem Hose. Auch beschäftigte er sich zuweilen zu seiner Erholung,
mit Drechseln.