Friedrich der Weise.
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seinem Geburtsort Gaeta gewöhnlich hieß, Caj etan (der Gactaner)
den Kurfürsten Friedrich im Namen des Papstes dringend, ja in
beleidigender Weise aufforderte, daß er Luther entweder nach Rom
liefern oder aus dem Lande jagen sollte, so gab der Kurfürst darauf
eine ernste und entscheidende Antwort, in welcher er dieses Ansinnen
abschlug. Zugleich verwendete er sich beim Kaiser, daß dieser den Papst
dahin bringen sollte, Luther auf deutschem Boden von einem unpar¬
teiischen Gerichte vernehmen zu lassen. Als der heftige Gegner Lu-
ther's, Dr. Eck, nach Nom ging, um dort dessen Verurtheilung vom
päpstlichen Stuhle zu bewirken, stellte der Kurfürst inzwischen dem
Papste vor, wie nachtheilige Folgen daraus erwachsen würden, wenn
man in dieser Sache mit Gewalt vorschritte.*) Nachdem aber der Bann
dennoch über Luther ausgesprochen, und dieser feierlich in Gegenwart
der Studenten zu Wittenberg sowie einer zahlreichen Volksmenge,
weil der Papst Luther's Schriften überall, wo er deren habhaft wer¬
den können, verbrannt hatte, den päpstlichen Bannbrief und gewisse
von den Päpsten zu ihrem Vortheil gegebene Gesetze gleichfalls dem
Feuer übergeben hatte, rügte diese letztere That der Landesfürst Fried¬
rich keineswegs.
Als der weise Kurfürst zu jener Zeit auf seiner Reise zur Kaiser¬
krönung nach Aachen in Köln mit den päpstlichen Legaten Aleander
und Caraccioli zusammentraf und von diesen aufgefordert ward,
wie es die Bulle verlange, Luther's Schriften verbrennen zu lassen
und ihn entweder selbst zu bestrafen oder gefangen nach Rom zu lie¬
fern, wies derselbe diese Zumuthung mit dem tiefsten Unwillen zurück
und erklärte sich fest und bestimmt dahin, daß die Lehre Luther's
zuvor durch billige, unverdächtige und gelehrte Richter untersucht und
aus der heiligen Schrift widerlegt werden müsse, che man ihm, dem
Kurfürsten, ansinnen könne, etwas Thätliches gegen denselben zu unter¬
nehmen. Der Kurfürst Friedrich war es auch, welcher es beim
Kaiser, der ihm für seine Mitwirkung zur Kaiserwahl dankbar war,
dahin gebracht hatte, daß Luther zu einem öffentlichen Verhör vor
Kaiser und Reichsfürsten auf den Reichstag nach Worms vorgeladen
ward, und welcher, obschon der Kaiser Luthern einen sicheren Geleits¬
brief zur Reise dahin ertheilt hatte, außerdem noch besondere Gcleits-
briefe bei den Herzögen zu Sachsen und dem Landgrafen von Hessen
auswirkte und dazu noch seinen eigenen fügte. Daß der in die Reichs¬
acht erklärte Luther auf seiner Rückreise von Worms aufgegriffen
und heimlich auf die Wartburg in Sicherheit gebracht wurde, war
unstreitig auch das Werk des Kurfürsten Friedrich, der sich in sei-
*) Dabei schrieb der edle Fürst unter Anderem folgende Worte: Luth er's Lebre
ist in Vieler Herzen in Deutschland allbereit so tief eingewurzelt, daß, wo sie nicht
mit rechtschaffenen und beständigen Argumenten, Gründen und öffentlichen hellen
Zeugnissen der Schrift widerlegt wird, sondern allein mit Schrecken und Kirchenge¬
walt ihn zu unterdrücken procedirt und fortgefahren sollt werden, so würde es nicht
also hingehen, dafür man es hält, sondern würde in Deutschland ein groß Aergerniß
erwecken und schreckliche, grausame und verderbliche Empörung erregen, welches dann
weder dem heil. Vater, dem Papst, noch Anderen zu einigem Nutz und Frommen
gereichen kann."