Full text: Das Königreich Sachsen und seine Fürsten

Moritz. 
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müssen, *) wenn nicht außer seiner eigenen Tapferkeit die Treue 
und Hingebung seines Dieners ihm zu Statten gekommen wäre. 
Es war nämlich am 1. Octobcr 1542, als eine beträchtliche Anzahl 
Türken zu Roß und zu Fuß abermals einen Ausfall aus Pesth mach¬ 
ten. Herzog Moritz, von seinem Diener Sebastian von Nei¬ 
disch begleitet, verlor sich in seinem Eifer aus der Schaar der Sei- 
nigen und sah sich mit einem Male von Türken umringt, die wü- 
thcnd auf ihn cinhaueten. Nach tapferer Gegenwehr hatte Moritz 
das Unglück, daß der Sattelgurt seines RosscS zerriß und er zu Boden 
stürzte, woraus die Türken auf ihn, der eben so wenig als sein Diener 
mit einem Harnisch versehen war, cinhaueten, jedoch durch die Treue 
seines unvergeßlichen Dieners von seiner Tödtung abgehalten wurden. 
Denn Sebastian warf sich auf seinen am Boden liegenden Herrn, 
fing Hiebe und Stiche, die auf ihn gerichtet waren auf, erstach über 
seinen Herrn gebeugt liegend einen Türken, ward aber so vielfältig 
mit Schuß-, Hieb- und Stichwunden bedeckt, daß er bald darauf, nach¬ 
dem die übrigen Sachsen herbeigekommcn und die Beiden befreit, sei¬ 
nen Geist aufgab. Zwar ward die belagerte Stadt aus 40 Geschützen 
beschossen, auch ein Sturm auf dieselbe gemacht, allein die Unthätigkeit 
Joachim's von Brandenburg verhinderte das Gelingen des Sturmes, 
und so kam es, daß im October 1542 die deutschen Fürsten, unter 
ihnen auch Herzog Moritz, ihre Truppen zurückführten, und der Feld¬ 
zug ohne Ruhm und Nutzen für die Völker christlichen Namens endete. 
Der Kaiser Karl und sein Bruder Ferdinand suchten den Her¬ 
zog Moritz immer genauer an sich zu fesseln, und der junge Held, 
in dessen Seele große Pläne lagen, erblickte in der Gunst des Kaisers 
ein willkommenes Förderungsmittcl derselben. Als daher der Kaiser, 
sogleich nach beendigtem Türkenzuge in Ungarn, abermals in Kampf 
mit dem König von Frankreich Franz I. gcricth, so ersuchte er Mo¬ 
ritz, für ihn die Waffen gegen Frankreich mit zu ergreifen. Im 
Octobcr langte unser tapferer Herzog beim Heere des Kaisers an und 
nahm an der Belagerung von Landrecp Theil, die aber später von 
Karl V. abgebrochen ward, worauf er sich mit seinen Völkern in die 
Winterquartiere zurückzog. Als der Kaiser indessen im I. 1544 den 
Krieg erneuerte, versprach ihm Moritz abermals seine Bcihülfc mit 
tausend Pferden. — Den inzwischen im Januar 1544 zu Spcier 
gehaltenen Reichstag, auf welchem der Kaiser die Protestanten zum 
Kriege wider Frankreich zu bewegen und Hülfe wider die Türken zu 
erhalten suchte, besuchte Moritz, den die persönliche Bcrathung über 
*) Es war dieß übrigens nicht das einzige Mal, daß das Leben des Herzogs 
Moritz in Gefahr schwebte. Auf demselben Feldzuge befand er sich bei Gran mit 
Christoph von Carlvwitz in ein Schlafgcmach eingeschlossen, das sich plötzlich 
mit Rauch füllte, so daß die Gefahr des Erstickens nahe war. Nur das Geschrei: 
,,Zu den Waffen!" wegen der in der Nähe geglaubten Türken rettete den Herzog 
und seinen Minister. In der Schlacht bei Mühlberg hatte bereits ein kurfürstlicher 
Reiter dem Herzog Moritz ein Pistol auf die Brust gesetzt, das jedoch versagte. 
Ebenso entging er später, wie durch ein Wunder, in der Meuterei eines seiner Re¬ 
gimenter lsiehe unten) der augenscheinlichsten Lebensgefahr.
	        
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