Full text: Das Königreich Sachsen und seine Fürsten

194 
Johann Georg I- 
Auf der eben gedachten Reise hatte er zu Stuttgart die schöne und 
sanfte Prinzessin Sibylla Elisabeth, Tochter des Herzogs Friedrich 
von Würtemberg, kennen gelernt rmd feierte am 16.Sept. l604 zu 
Dresden seine Vermahlung mit derselben, mußte aber den herben 
Schmerz empfinden, daß dieselbe bereits am 10. Jan. 1607 im 22. Al¬ 
tersjahre des Todes verblich. Von seiner Wiederverehelichung wird 
weiter unten Erwähnung geschehen. 
Nachdem Johann Georg im 3.4603, der Vormundschaft seines 
Bruders Ehristian entlassen, die Würde eines Administrators 
des Stiftes Merseburg erhalten, zog ihn sein kurfürstlicher Bruder 
von 1607 an mit zu den Geschäften der Regierung, wie er ihn denn 
auch zum Landjägermeister ernannte, in Folge dessen Johann 
Georg das ganze Gebirge bereiste, um die nach Kurfürst August's 
Tode ganz verfallene Holzordnung wieder hcrzustellen. Eben hatte ihn 
Christian 11. in seinem Namen im I. 1611 auf einen Kurfürsten¬ 
convent zu Mühlhausen gesendet, als ihn dort die so gänzlich 
unerwartete Nachricht von dem tödtlichen Hintritt seines Bruders, des 
Kurfürsten, ereilte. Sofort begab sich Johann Georg I. in seine 
Residenz zurück, um die Kurwürde zu übernehmen, zu deren Antritt ihn 
der Kaiser beglückwünschen ließ. Die Erbhuldigung zu Dresden, Tor¬ 
gau, Wittenberg re. nahm er erst im Sept. d. I. ein; in einigen Städten, 
wie in Freiberg, unterblieb die persönliche Huldigung wegen der gerade 
damals schrecklich wüthenden Pest, die z. B. in Freiberg in diesem Jahre 
900 und zwei Jahre später 1400 Menschen hinraffte. 
sofort nach dem am 10. Jan. 1612 erfolgten Tode des Kaisers 
Rudolph 11. übernahm Johann Georg I. das Reichsvicariat, 
welche Würde seit 93 Jahren von sächsischen Fürsten nicht wieder be¬ 
kleidet worden war, und gerieth dabei mit dem Mitvicarius, dem Vor¬ 
munde des minderjährigen Kurfürsten von der Pfalz,_ dem Pfalzgrafen 
Johann von. Zweibrücken, in verschiedene Streitigkeiten über die 
Vicariatsrechte. Im Juni d.J. begab er sich nach Frankfurt, umM atth ias 
mit zum Kaiser zu wählen, nach dessen 7 Jahre später erfolgendem Tode 
Johann Georg zum zweiten Male die Reichsverweserschaft übernahm. 
Als der Kurfürst Johann Georg I. iin J.^ 1614^auf einem 
Convente zu Naumburg sich einfand, um die im I. 1587 ge¬ 
schlossene Erbverbrüderung des sächsischen Hauses mit Hessen 
und Brandenburg zu erneuern, machte man Versuche, ihn zum Bei¬ 
tritt zu dem bereits in der vorigen Biographie erwähnten protestanti¬ 
schen Bündnisse („Union") zu bewegen. Allein er weigerte sich dessen 
eben so beharrlich, als dieß sein verstorbener Bruder Ehristian II. 
gethan, und zwar hielten ihn dieselben Beweggründe ab, dem Bunde 
beizutreten, nämlich auf der einen Seite seine Treue und Ergebenheit 
gegen das Habsburger Haus, von dem er übrigens noch immer die 
Erlangung der cleve'fchen Besitzungen hoffte, und auf der andern ferne 
Abneigung und Eifersucht gegen das calvinistische pfälzische Kurhaus. 
— Uebrigens ordnete er im October 1617 in seinem Lande die drei¬ 
tägige Feier des ersten Reformationsjubiläums an, welches 
trotz der vorangegangenen Drohungen der Gegenpartei, dieses Jubel-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.