Full text: Das Königreich Sachsen und seine Fürsten

Johann Georg I. 
195 
in ein Klagefest verwandeln zu wollen, allenthalben mit Dank und 
Freude begangen wurde, obschon bereits damals eine bange Gewitter¬ 
schwüle der Religionsverhältnisse wegen über Deutschland lagerte. 
Schon im nächsten Jahre 1(318 sollte dieses längst gefürchtete 
Gewitter sich entladen und der schreckbare Religionskrieg von 30jäh- 
riger Dauer zum Ausbruch kommen, welcher in seiner letzten größeren 
Hälfte unser theures Sachsenland unmittelbar berührte und durch wel¬ 
chen die vom Vater August noch herrührende Blüthe desselben unter 
furchtbaren, das Land entvölkernden, seine herrlichen Fluren in traurige 
Einöden verwandelnden und Städte und Dörfer in Trümmer stürzenden 
Stürmen gebrochen wurde. Da weder Raum noch Zweck der gegen¬ 
wärtigen Schrift es gestatten, jenes großartige Trauerspiel in allen seinen 
einzelnen Auftritten zu verfolgen, so müssen wir uns hier darauf beschrän¬ 
ken, andeutungsweise dasselbe nur insoweit zur Betrachtung vorzuführen, 
als es Sachsen ist, das darin thätig oder leidend betheiligt erscheint. 
Nachdem der Krieg in Böhmen zum Ausbruch gekommen, der 
Kaiser Matthias (1619) verstorben und an dessen Stelle Ferdi¬ 
nand (II.) gewählt worden war, hatten die Böhmen, denen Letzterer 
als erbitterter Feind der Protestanten verhaßt war, diesen darum 
nicht als ihren König anerkannt, sondern unserm Kurfürsten Johann 
Georg I. diese Krone angeboten, nachdem dieser aber dieselbe ausge¬ 
schlagen, den reformirten Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zu ihrem 
Könige erwählt. Johann Georg!, wollte bei seiner durchaus recht¬ 
lichen Gesinnung sich weder für die Partei des neuen Kaisers noch für 
die des neuen Königs von Böhmen erklären. Doch abgesehen von 
seiner freundschaftlichen Verbindung mit dem Hause Oesterreich und 
von seiner Abneigung gegen den reformirten neuen Böhmenkönig, 
in welcher ihn sein leidenschaftlich gegen die Reformirten eingenomme¬ 
ner Oberhofprediger Hoe von Hoenegg zu bestärken wußte, waren 
es die Zusagen des Kaisers Ferdinand, welche unfern Kurfürsten 
bewogen, ihm den erbetenen Beistand zu gewähren. Indem nämlich 
Ferdinand auf Grund der alten Erbvereinigung an Joh ann G eorg I. 
den Antrag stellte, die von Böhmen abgefallenen Markgrafthümer Ober¬ 
und Niederlausitz nebst Schlesien zum Gehorsam zu bringen, versprach 
er ihm ausdrücklich für alle Protestanten Religionsfreiheit, sowie er 
ihm betheuerte, daß auch in Böhmen in Religionssachen nichts geän¬ 
dert werden sollte. Somit erschien dem allerdings nicht genugsam 
scharfsichtigen Kurfürsten dieser Krieg weniger als ein Religionskrieg, 
denn als ein Kampf des rechtmäßigen Fürsten gegen aufständische Unter- 
thanen. Es kann also Johann Georg, dem seine religiösen Über¬ 
zeugungen eben so sehr selbst heilig waren, als ihm das Wohl der 
protestantilchen Kirche am Herzen lag, bei diesem Bündnisse mit dem 
Kaiser einer Verrätherei an der evangelischen Kirche ohne Ungerechtig¬ 
keit nicht geziehen werden. Mit einem Heere von 15,000 Mann 
brach Johann Georg 1. im August 1620 nach den Lausitzen auf 
und bezwang bis zum November nicht nur beide Lausitzen, sondern 
unterwarf im nächsten Jahre auch Schlesien, so daß er am 24. 
October 1621 zu Breslau für den Kaiser die Huldigung annahm. 
13 *
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.