Johann Georg IV.
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So trefflich vorqebildet, bei mancher geistigen sowie großer Körpcr-
kraft und zu den schönsten Hoffnungen berechtigend, trat im bald voll¬
endeten 23. Lebensjahre Johann Georg IV. am 12. Sept. 1691 die
Regierung als Kurfürst an und ließ sich in den nächsten Monaten zu
Dresden, Freiberg, Wittenberg, Torgau und Leipzig huldigen. Im
Anfänge seiner Regierung war er hinsichtlich seiner Stellung gegen
Frankreich, gegen welches das Reich den Krieg mit schlaffen Kräften
fortsetzte, entschlossen, die Politik seines Vaters zu befolgen. Daher
schloß er alsbald einen Bund mit dem schwäbischen und fränkischen
Kreise, deren Grenzen er mit seinen Truppen gegen eine beträchtliche
Geldsumme zu deren Verpflegung zu decken versprach. Auch geschah es
im Januar 1692, daß ihm der Kurfürst Friedrich 111. von Bran¬
denburg zu Torgau einen persönlichen Besuch abstattete, um ihn auf
Grund der zwischen beiden Häusern bestehenden Verträge im gemein¬
samen Kampfe gegen Frankreich zu erhalten. Zum Andenken an diese
engere Verbindung stifteten damals diese beiden Kurfürsten den Ritter¬
orden „der guten Freundschaft oder vom güldenen Arm¬
ban d ", der jedoch nach IohanuGeor g 's IV. Tode wieder erloschen ist.
Als bald darauf, im April d. I., Johann Georg IV. dem Kur¬
fürsten zu Berlin seinen Gegenbesuch abstattete, geschah cs, daß er
daselbst auf den Betrieb seiner Mutter, obschon gegen seine eigene Nei¬
gung, sich verlobte, nämlich mit des Markgrafen Johann Friedrich
von Brandenburg-Ansbach hinterlassener Wittwc, Eleonore
Erdmuthe Louise, einer Tochter des Herzogs Johann Georg zu
Sachsen-Eisenach, mit welcher er 1692 vermählt ward. Diese
Ehe war aber leider, wie weiter unten noch dargethan werden soll,
keineswegs eine glückliche.
Durch beit Einfluß, welchen der vorher in brandenburgischen
Diensten gestandene und vor einigen Jahren in kursächsische Dienste
getretene General von Schöning auf Johann Georg IV. ausübte,
trat eine Aenderung in der Politik unsers Kurfürsten ein. Sein
Erkalten gegen den Kaiser gab er schon dadurch zu erkennen, daß er
statt der bisherigen Hülssmacht von 12,000 Mann nur 2000 Mann
zum Reichskriege an den Rhein sandte. Ja, er ließ sich sogar durch
seinen Feldmarscball von Schöning dahin bestimmen, daß er mit
dem Herzog Ernst August von Hannover (welcher den Kaiser
bisher vergebens gebeten hatte, ihm eine Kur zu verleihen) einen
Neutralitätsvertrag abschloß. So sollte denn auf die Dauer
des Neichskriegcs eine dritte, vom Kaiser unabhängige Partei gebildet
werden. Der dadurch erschreckte Kaiser gab dem Herzog von Hannover
sofort die Zusage auf die begehrte Kur, und dieser hob nun den gedachten
Vertrag mit unsermKurfürsten wieder auf. Dagegen ließ der Kaiser im Mai
1692 den sächsischen Feldmarschall v o n S ch ö n i n g, den er für den Urheber
jenes Vertrags hielt und des Einverständnisses mit den Franzosen beschul¬
digte, ohne Weiteres zu Töplitz festnehmen und auf den Spielberg in Mäh¬
ren bringen, um gegen ihn einen Prozeß über Leben und Tod cinzulciten.*)
*) Trotz der Beschwerde des Kurfürsten beim Kaiser ward dennoch von Sch ö-