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Kurfürst Friedrich August II.
zu feiner Kirche zurückzuführen, obschon die wiederholten Versicherungen
Friedrich August's I., in welchen er durch Patente seinen Sachsen
die Freiheit ihres evangelischen Glaubens zusicherte, sowie die Bestim¬
mungen des altranstädter Friedens die Hoffnungen des Papstes vereitelt
hatten; so setzte er jetzt seine Hoffnung auf eine Religionsveränderung
des Kurprinzen. Vielfältig hatte er die protestantische Erziehung des
Letzteren gegen den Vater gerügt und brachte denselben endlich durch
einen nach Dresden gesendeten Neffen, Hannibal Albani, beglei¬
tet von dem Jesuiten Johann Salerno, dahin, daß der Katholieis-
mus in Sachsen gefördert, der altranstädter Friede verdammt und der
Erziehung des Prinzen eine andere Wendung gegeben wurde; nament¬
lich mußte der Kurfürst versprechen, seinen Sohn nach Polen zu rufen
oder mit katholischem Gefolge auf Reisen zu senden. Letzteres geschah.
Ungeachtet der Prinz selbst sich an den dänischen Gesandten gewendet
haben soll; ungeachtet die sächsische Landschaft sich schmerzerfüllt über
die Entfernung des bisherigen evangelischen Gefolges des Prinzen
aussprach, die Besorgnisse des Volkes wegen einer Religionsverände¬
rung des Prinzen nicht verhehlte und um dessen Zurückberufung ins
Vaterland bat; ungeachtet auch die Königin Anna von England
die Rückkehr des Prinzen aus Italien beantragte nnb ihn einlud, nach
England zu kommen; ungeachtet der König Friedrich IV. von Däne¬
mark warnend daran erinnerte, daß ein Wechsel der Religion den
Prinzen unfehlbar von der ihm zugesagten Erbfolge in Dänemark aus-
schließen werde; ungeachtet endlich die Minister der deutschen Reichs¬
stände in einem beweglichen Schreiben den König ersuchten, den Prin¬
zen sofort wieder nach Sachsen zurückkehren zu lassen und ihm prote¬
stantische Diener und freie Religionsübung zu gestatten — geschah es
dennoch, daß der ein Jahr zuvor evangelisch confirmirteKurprinz Fried¬
rich August (II.) am 27. Nov. 1712 zu Bologna, wo sich der ge¬
nannte Salerno und der Jesuit Vogler, ein Sachse, bei seinem
Gefolge eingefunden hatten, unter Leitung des Ersteren in der Kapelle
des Cardinal-Legaten Casoni zur römisch-katholischen Confession
sich bekannte. Seitdem ist diese Confession die des sächsischen Regenten¬
hauses geblieben. — Dieses Ereigniß wurde 5 Jahre lang, nämlich bis
zum erfolgten Tode der Großmutter des Prinzen, welche, wie schon oben
bemerkt, der evangelischen Lehre sehr eifrig zugethan war, geheim gehalten.
Die Bekanntwerdung dieses Religionswechsels, welchen der Prinz
auch seiner eifrig protestantischen Mutter anzeigte, die ihm darauf am
Jubeltage den 31. Oct. 1717 ihren Schmerz und ihre Bekümmerniß
in einem Erwiederungsschreiben kund gab, erregte allenthalben und in
Sachsen am meisten Aufsehen und Bestürzung. Doch wußte der König
und Kurfürst Friedrich August I., der übrigens auch auf das Ge¬
such des päpstlichen Nuntius, das auf den 31. Oct. fallende Refor¬
mationsjubiläum zu verbieten, nicht einging, durch wiederholte bün¬
dige Versicherungen, daß die Religionsveränderung des Kurprinzen
ebenso wie die frühere des Vaters ein rein persönliches Werk sei und
die evangelische Kirche Sachsens bei ihren Freiheiten ungekränkt ver¬
bleiben solle, jene Besorgnisse zu zerstreuen.