Full text: Mittlere Geschichte (Theil 2)

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gleich England und fast die Hälfte von Frankreich besaß, und nun für den 
König von Frankreich ein sehr gefährlicher Nachbar wurde. Wegen seiner 
Besitzungen in Frankreich war dieser Heinrich II. ein Vasall des Königs 
dieses Landes, und doch war er bei Weitem mächtiger als sein Lehnsherr. 
Das gab natürlich zu vielen Streitigkeiten Anlaß. Zwar söhnten sie sich 
mit einander aus; allein bald wurde der Krieg erneuert, als Heinrich auch 
noch die Grafschaft Toulouse verlangte, weil seine Frau darauf Ansprüche 
habe. Zuletzt mußte Heinrich nachgeben, weil er mit seinen eigenen Söhnen 
in Streit gerieth, welche den König von Frankreich als Lehnsherrn um Ent¬ 
scheidung baten. Dies führte einen einstweiligen Frieden herbei unter Ver¬ 
mittelung des Papstes, der Beiden zu einem Kreuzzuge zuredete. 
Aus Ludwig VII. folgte in Frankreich dessen Sohn Philipp II. Au¬ 
gust 1180—1223, ein kluger, unternehmender Mann, der stets auf Erwei¬ 
terung seiner Macht und seines Gebietes sann, aber dabei nicht bedachte, 
daß der Besitz nur dann Segen bringe, wenn er ohne Gewalt oder Hinter¬ 
list erworben wird. Von seinem Kreuzzug wird nachher besonders die Rede 
sein, ebenso von seinen Kriegen mit den Königen von England, Richard Lö¬ 
wenherz und Johann ohne Land. Seine Siege über die Engländer benutzte 
er, die Macht seiner Vasallen zu beugen, und die Kronländereien zu ver¬ 
mehren. Unter seinem Sohne, 
Ludwig VIII. (1223 —1226), ist die Verfolgung der unglücklichen 
Albigenser im südlichen Frankreich die wichtigste, aber zugleich die schmach¬ 
vollste Begebenheit. Unten werden wir Gelegenheit haben, mehr davon zu 
sprechen. 
Die Geschichte von England haben wir oben (Ende Abschnitt 44) 
mit der Regierung Wilhelms II. des Rothhaarigen, des zweiten Sohnes 
Wilhelms des Eroberers, abgebrochen (1087 bis 1090). Als sein Vater 
1087 starb, bestieg er nach dem Willen desselben den englischen Thron, in¬ 
dem Robert, der älteste Sohn, ausgeschlossen und mit der Normandie abge¬ 
funden wurde. Darüber entstand ein Krieg zwischen beiden Brüdern, bis 
Robert durch die Kreuzzüge davon abgezogen wurde. Er war einer der Er¬ 
sten, die sich zur Theilnahme daran entschlossen, machte mit Wilhelm Frie¬ 
den, und bot ihm, um das nöthige Geld zur Ausrüstung zu erhalten, die 
Normandie als Unterpfand eines Darlehns auf 5 Jahre an. Wilhelm er¬ 
griff mit Freuden die Gelegenheit, sich zu bereichern, zahlte nicht mehr als 
10,000 Mark, und erpreßte dies Geld obendrein von seinen Unterthanen. 
Nachdem er auf der Jagd durch einen Pfeil, den ein Jäger nach einem Reh 
abgeschossen hatte, der aber ihn in die Brust traf, getödtet worden war, be¬ 
mächtigte sich sein jüngerer Bruder, 
Heinrich I. (1099 —1135), der wegen seiner Gelehrsamkeit den Bei¬ 
namen Beauclerk (des Gelehrten) führte, des Throns, und ertheilte den 
Engländern, um sie für sich zu gewinnen, große Freiheiten, die aber später¬ 
hin nicht gehalten wurden. Einen Monat nach dieser Thronveränderung 
kehrte Robert vom Kreuzzuge heim, und verlangte den englischen Thron. 
Er setzte nach England über, und schon sollte eine Schlacht über beide Brü¬ 
der entscheiden, als die englischen Großen einen Vergleich vermittelten, nach 
welchem Robert sich mit der Normandie und einem mäßigen Jahrgehalt be-
	        
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