140
Einfall des Königs von Schottland (Wilhelm). Dieser wurde besiegt und
gefangen, und mußte die Oberherrschaft Englands über Schottland anerken¬
nen (diese Oberhoheit verkaufte Heinrich nachher, um Geld zum Kreuzzug zu
erhalten); aber der Kummer über seine Söhne dauerte fort. Zwei derselben,
Heinrich und Gottfried, starben vor dem Vater. Indessen war auch zwischen
dem alten Könige und Philipp August von Frankreich ein Krieg ausgebrochen.
Als aber die Nachricht von der Eroberung von Jerusalem durch den Sultan
von Aegypten nach Europa kam, beschlossen beide Könige, Heinrich II.
und Philipp August, sich zu vergleichen, um gemeinsam einen Kreuzzug zu
unternehmen. Sie kamen deshalb in Gisors (Dep. der Oise) zusammen,
und verabredeten das Nähere. Aber ehe noch der Zug vor sich gehen konnte,
mußte der unglückliche Heinrich noch einmal die Waffen gegen seinen Sohn
Richard ergreifen, der sich wieder empört hatte, und von den meisten Baro¬
nen der englischen Besitzungen in Frankreich unterstützt wurde. Dieser un¬
natürliche Krieg zwischen Vater und Sohn schlug zum Nachtheil Heinrichs
aus; er mußte darein willigen, daß alle seine Unterthanen dem treulosen
Richard huldigen sollten. Zu dieser Demüthigung kam noch eine Entdeckung,
die ihm das Herz brach; er erfuhr, daß sein Lieblingssohn Johann mit den
Empörern einverstanden gewesen war. Diese Nachricht schlug ihn ganz da¬
nieder. Er rief schmerzhaft aus: „Wehe dem Tage, an dem ich geboren bin,
und Fluch meinen Söhnen, die ich zurücklasse!" So starb er 1189 in Chateau
Chinon in Frankreich.
Um sein Gewissen zu beruhigen, unternahm der neue König von England,
Richard Löwenherz, 1189 — 1199, sogleich den Kreuzzug, und vereinigte
sich dazu mit Philipp August. Das dazu nöthige Geld zusammenzu¬
bringen, wurde Geistlichen und Weltlichen eine Abgabe aufgelegt, die man
den Saladinszehnten nannte. Auch diesmal fand sich eine ungeheure Menge
von Pilgern ein; man beschloß aber, statt des Landwegs durch Ungarn, lieber
zur See die Reise zu unternehmen, um die Unfälle zu vermeiden, welche bis
jetzt noch alle Kreuzfahrer, besonders in Klein-Asien, erfahren hatten. Die
Engländer schifften sich in Marseille, die Franzosen in Genua ein, 1190,
wozu Venedig, Pisa und Genua die Schiffe gaben. Die anfängliche Einig¬
keit wurde durch den gegenseitigen Haß beider Völker schon getrübt, als beide
Könige in Messina auf Sicilien ans Land stiegen, um hier den Winter zu¬
zubringen. Noch größer wurde der Zwiespalt, als sie im folgenden Jahre
vor der Stadt Akre landeten, und diese Stadt belagerten. Denn Richard
hatte auf seiner Fahrt die Insel Chpern erobert, weil die Einwohner einige
englische Kreuzfahrer, die hier Schiffbruch gelitten, gemißhandelt hatten.
Philipp August war über diese Besitznahme eifersüchtig. Akre in Palästina
war schon seit zwei Jahren von Guido von Lusignan belagert, wurde aber
sehr hartnäckig vertheidigt. Dennoch wurde endlich die Stadt erobert, weil
beide Nationen sich wetteifernd anstrengten; die eine Hälfte wurde von den
Engländern, die andere von den Franzosen in Besitz genommen. Herzog
Leopold von Oesterreich glaubte, er habe für seine Deutschen auch das
Recht, einen Theil zu besetzen, und pflanzte seine Fahne auf einem der Stadt-
thürme auf. Darüber ergrimmte der stolze Richard, weil ein Herzog sich
Königen gleich stellen wollte, und befahl, die Fahne abzureißen und in den