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schertugenden, und wichtige Vorfälle ereigneten sich unter seiner Regierung
nicht. Desto wichtiger war die seines Sohnes
Philipps IV. des Schönen (1285 —1314), eines habgierigen, un¬
gerechten Königs, der nur Erweiterung seiner Macht und seiner Schätze vor
Augen hatte. Die Lage Deutschlands und Frankreichs war damals in sofern
dieselbe, als hier wie dort der König nicht alleiniger Besitzer des Landes war,
sondern sich mit vielen großen und kleinen Fürsten darein theilen mußte, die
nicht immer geneigt waren, ihm zu gehorchen. Aber Philipp war nicht der
Mann, der seine Befehle ungestraft verachten ließ. Er hielt nicht nur seine
Vasallen in Zaum, sondern wagte auch mit der Kirche einen Kampf, aus
dem er siegreich davon ging. Nur ist zu bedauern, daß es ihm gleichgültig
war, durch welche Mittel er das erreichte. Jede List und Treulosigkeit war
ihm willkommen, wenn er nur dadurch zum Ziele gelangte.
Den ersten Streit führte er mit König Eduard I. von England. Die¬
ser war unter den huldigenden Pairs in Paris erschienen^, hatte sein Knie
vor dem jungen König gebeugt, und war freundlich ausgenommen worden.
Aber die Freundschaft war nicht aufrichtig. Eduard unterstützte heimlich die
Spanier, die damals mit Frankreich Krieg hatten, und zeigte sich überhaupt
feindlich. Daher faßte Philipp den Entschluß, die Engländer ganz aus Frank¬
reich zu vertreiben, um so mehr, da Eduard gerade mit Schottland beschäf¬
tigt war. Eine Veranlassung war bald gefunden. Schon lange hatten nor¬
mannische Kaper den englischen Handel gestört. Jetzt hatten die Normänner
eine Raubflotte von 200 Segeln ausgerüstet; diese war nach der (damals
den englischen Besitzungen in Frankreich zugehörigen) Küste bei Bahonne ge¬
segelt, hatte dort die mit Wein beladenen englischen Schisse überfallen, und
die Vorräthe theils zerstört, theils davongeführt. Aber eine englische Flotte
hatte den Normännern unterwegs aufgelauert, die Schiffe nach England ge¬
führt, und die Mannschaft war hingerichtet worden. Diesen Vorfall benutzte
Philipp, und verlangte die Herausgabe der Schiffe und der Mannschaft.
Eduard, der mit Schottland und Wales Krieg hatte, machte Friedensvor¬
schläge; aber Philipp wies diese zurück, und endlich ließ er sogar den König
von England vor den Hof der Pairs fordern, um wegen der Gewaltthätig-
keiten seiner Unterthanen Rede zu stehen. Zwar erschien Eduard nicht selbst,
schickte aber, um den Streit gütlich zu endigen, seinen Bruder, Edmund
von Lancaster, nach Paris, der mit Philipp einen Vergleich abschloß, und
um einen Beweis seines vollkommenen Vertrauens auf die guten Gesinnungen
Philipps zu geben, übergab Eduard dem Könige Philipp das ganze Herzog¬
thum Guienne, nachdem dieser feierlich versprochen hatte, es ihm sogleich
zurückgeben zu wollen. Aber die Zurückgabe erfolgte nicht, und da Eduard
daraus drang, wurde ihm geantwortet, es sei nicht daran zu denken; denn
der Vertrag sei von ihm zwar unterschrieben, aber nicht untersiegelt worden.
Eduard, außer sich vor Zorn, beschloß sogleich den Krieg, und schloß dazu
ein Bündniß mit dem deutschen Kaiser Adolph. Aber Philipp wußte den
Krieg zu vereiteln, indem er nicht nur den Grafen Veit von Flandern,
der sich ins Geheim mit Eduard verbunden hatte, mit dessen ganzer Familie
an seinen Hof lockte, und sie dann gefangen setzte, sondern auch den König
von Schottland (Johann) bewog, in England einzufallen, und die Walliser,