Full text: Neue Geschichte (Theil 3)

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ten sich einige Soldaten auf den Straßen, so schlüpften die Einwohner in 
ihre Häuser, und verriegelten die Thüren, ängstlich auf jedes Geräusch lau¬ 
schend. Durch eine verstellte Freundlichkeit war es dem Herzog gelungen, die 
noch nicht entflohenen Großen einzuschläfern; sich ihrer zu versichern, sollte 
sein Erstes sein. Egmont glaubte so sicher zu sein, daß er zu seiner gewohn¬ 
ten fröhlichen Lebensart zurückkehrte, und auch Hoorne fand sich in Brüssel 
ein. An dem Tage, an welchem Alba seinen Streich ausführen wollte, ließ 
er die Staatsräthe, unter ihnen Egmont und Hoorne, zu sich entbieten, um 
mit ihnen zu rathschlagen. Nach beendigter Sitzung, als die Edelleute aus¬ 
einander gehen wollten, und auch Egmont sich beurlaubte, um mit Alba's 
Sohn ein angefangenes Spiel auszuspielen, vertrat ihm ein Hauptmann den 
Weg, und erbat sich seinen Degen, indem ein Haufen spanischer Soldaten 
ihn umringte. Im ersten Augenblicke der Ueberraschung vermochte er kein 
Wort hervorzubringen; dann ries er schmerzhaft aus: „O Oranien! Ora- 
nien!" gab seinen Degen, und sprach: „So nimm ihn hin! Weit öfter hat 
er ja des Königs Ruhm vertheidigt, als meine Brust beschützt." Hoorne 
wurde auf dem Wege nach seiner Wohnung verhaftet. Sogleich fragte er 
nach Egmont, und als er vernahm, daß dieser bereits festgenommen sei, so 
sprach er: „Von ihm habe ich mich leiten lassen; es ist billig, daß ich Ein 
Schicksal mit ihm theile." Als die Nachricht von der Verhaftung dieser 
Häupter sich verbreitete, war der Schrecken groß, und 20,000 Einwohner ver¬ 
ließen die Niederlande sofort; die Auswanderungen nahmen so überhand, daß 
Alba sie bei Todesstrafe untersagte. 
Die Inquisition war gleich wieder von Alba in ihre Thätigkeit gesetzt 
worden. Jetzt machte er auch bekannt, daß Alle, welche mit den Geusen in 
Verbindung gestanden, oder an den calvinistischen Predigten Theil genommen 
hätten, des Verbrechens der beleidigten Majestät schuldig wären. Hiernach 
waren ihm das Leben und die Güter fast jedes Niederländers verfallen, und 
es war nur Gnade, wenn er die Todesstrafe über die Verbrecher nicht verhängte. 
Sodann setzte er ein Gericht nieder, welches die Theilnahme an den Unruhen 
untersuchen sollte, und von den Niederländern der Blutrath genannt wurde. 
Vorsteher desselben war ein fühlloser Spanier, Vargas, dem es Freude 
machte, Blut zu vergießen und die Güter der Verurtheilten einzuziehen. Die 
Reichen kamen zuerst daran. Kaufleute, die über ein Vermögen von 60— 
100,000 Thlrn. zu gebieten hatten, sah man, die Hände auf den Rücken ge¬ 
bunden, von Pferden nach der Richtstätte geschleift werden, und obgleich täg¬ 
lich eine Menge solcher Unglücklichen gehängt, geköpft, geviertheilt oder ver¬ 
brannt wurde, so waren doch bald die Gefängnisse zu enge, die Zahl der 
täglich Verhafteten aufzunehmen. 
Margarethe fühlte sich gekränkt, daß Alba so eigenmächtig verfuhr, und 
ihr nichts als den leeren Namen der Regentin ließ. Sie bat daher den 
König um die Erlaubniß, das Land verlassen zu dürfen, und erhielt sie sogleich. 
So wenig auch die Niederländer mit ihrer Verwaltung zufrieden gewesen 
waren, so sahen sie dieselbe doch mit Schmerz scheiden, da sie einen Alba zum 
Nachfolger hatte. 
Alba ließ nun den Prinzen von Oranien vorladen. Daß er nicht kam,
	        
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