126
Kaiser fast kein Platz mehr in Böhmen übrig blieb. Zwar that ihn Mat¬
thias in die Reichsacht; aber darauf achtete Mansfeld nicht, da er an der
Spitze seiner ihm treuen Truppen überall Gesetze vorschreiben konnte.
Während dieser Unruhen starb Kaiser Matthias im März 1619, und
fand im Grabe die Ruhe, die er auf dem Throne vergebens gesucht hatte.
Ferdinand II., der ihm in seinen Ländern nachfolgte, und von
1619 —1637 regiert hat, befand sich in einer sehr mißlichen Lage. Die
Böhmen waren fest entschlossen, ihn nicht als ihren König anzuerkennen; die
Schlesier und Lausitzer machten mit ihnen gemeinschaftliche Sache, und die
Mähren waren im Begriffe, dasselbe zu thun. In Oestreich waren die evan¬
gelischen Stände höchst mißvergnügt, und verlangten dringend Religionsfrei¬
heit; die Ungarn fingen schon an, mit den Böhmen insgeheim zu unterhan¬
deln, und Bethlen Gabor, Großfürst von Siebenbürgen, ein Feind des
östreichischen Hauses, rüstete sich, in Ungarn und Oestreich einzufallen. Auch
von den Türken konnte ein Angriff befürchtet werden. Aber dennoch verlor
Ferdinand nicht den Muth; denn er hatte festes Vertrauen auf den Beistand
Gottes, weil er glaubte, der Krieg der Böhmen sei ein Angriff auf die
katholische Religion, der er, wie wir schon gesagt haben, von ganzer Seele
ergeben war, und hat er auch in seinen religiösen Ansichten geirrt, so erfüllt
uns doch sein fester und gläubiger Sinn mit inniger Achtung. Erst ver¬
suchte er mit den Böhmen zu unterhandeln; aber diese waren schon zu weit
gegangen, als daß sie zurücktreten konnten, und entschlossen sich zur Fort¬
setzung des Krieges. Thurn rückte mit dem Heere der Böhmen und Schlesier
in Mähren ein, und sogleich gingen die mährischen Truppen freudig zu ihm
über; die Jesuiten wurden auch hier aus dem Lande gesagt. Dann zog
Thurn nach Oestreich, und wurde auch da mit offenen Armen aufgenommen.
Er rückte selbst vor Wien, und belagerte diese Stadt, in welcher sich Fer¬
dinand gerade befand. Die Kugeln der Böhmen pfiffen schon um die Kaiser¬
burg, und endlich erschienen vor Ferdinand, um seine Verlegenheit vollkom¬
men zu machen, 16 Abgeordnete der östreichischen Protestanten, Andreas
Thonrädel an ihrer Spitze, und verlangten von ihm mit drohenden Wor¬
ten eine schriftliche Erklärung, daß beide Religionsparteien in Oestreich gleich¬
gestellt würden. Ja, Einer derselben ging so weit, ihn bei dem Knopfe sei¬
nes Wamms zu fassen, und zu rufen: „Randel, gieb dich! du mußt unter¬
schreibe!" In diesem drangvollen Augenblicke schmetterten Trompeten auf dem
Burghofe. Es waren 500 Reiter vom Regimenté Dampierre, welche eben
in Wien eingezogen waren, um den Kaiser zu beschützen. Die Mißvergnüg¬
ten machten geschwind, daß sie wegkamen, und versteckten sich theils in der
Stadt, theils begaben sie sich in das Lager der Böhmen, und diese, da sie
hörten, daß Mansfeld von Bouquoi geschlagen wäre, verloren den Muth,
und gingen wieder zurück. Also wieder ein Beispiel, daß beharrlicher Muth
auch in der größten Noth den Menschen rettet. Ein Geschichtschreiber da¬
maliger Zeit, der Ferdinand genau kannte, sagt von ihm: „Unangesehen
aller der Gefahren, hat der hochlöbliche Herr niemals verzagt, ist beständig
in Religion und Zuversicht gegen Gott verblieben; der hat ihn in seinen
Schutz genommen, und ihm wider aller Menschen Vernunft über dieses rothe
Meer geholfen." Auch in Böhmen erhielt die Sache Ferdinands eine günstige