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Menschen, durch die Verarmung so unzähliger Familien, durch die Zerstörung
so vieler Städte und Dörfer bewirkt? Das Einzige hatte Friedrich gewonnen,
daß sein Name jetzt allgemein mit Achtung genannt, und das preußische Volk
vor allen andern hochgeehrt wurde. Von da an trat Preußen in die Reihe
der europäischen Großmächte ein.
96. Friedrichs des Großen fernere Regierung.
(Friedrichs Maßregeln zum Besten seines Reichs. Polens Zustand. Stanislans August
Poniatowski 1763. Conföderation von Bar 1767. Erste Theilung Polens 1772.
Bromberger Caual. Baierscher Erbfolgekrieg 1778 — 1779. Frieden in Teschen. —
Friedrich Wilhelm II. 1786 — 1797.)
Auch die Länder des großen Königs hatten durch den eben geendigten
Krieg furchtbar gelitten. Ueberall sah man die Spuren der Verwüstung, und
Weiber pflügten die Felder, weil die Männer, selbst sechzehnjährige Knaben,
in den Krieg geschleppt waren. Kaum war aber Friedrich nach Berlin zu¬
rückgekehrt, so wandte er seine ganze Sorge auf die Heilung der durch den
Krieg geschlagenen Wunden. Er vertheilte unter die bedürftigsten Landleute
Saatkorn aus den gefüllten Magazinen, schenkte ihnen die durch den Frieden
entbehrlich gewordenen Pferde, gab große Summen zum Wiederaufbau zer¬
störter Städte und Dörfer her, erließ in mehreren Provinzen die Steuern
auf einige Zeit, und zog Colonisten in sein Land, die entvölkerten Gegenden
neu zu beleben. Konnte er auch nicht allen Schaden vergütigen, so half er
doch vieler Noth ab, und machte seinem Volke Muth, da es seine väterliche
Sorgfalt so thätig sah. Zur Belebung des Handels errichtete er eine Bank,
zuerst in Berlin, dann auch in den Hauptstädten der Provinzen. Weniger
zufrieden waren die Unterthanen mit der Einführung ,der A c c i s e und der
Erhöhung der Zollabgaben. Er rief dazu Franzosen ins Land, weil er
diese für geschickter hielt, Abgaben zu erheben. Es war eine höchst drückende
Einrichtung. Nicht nur an der Gränze, sondern am Thore jeder Stadt sah
sich der Reisende ausgehalten, und war den Plackereien der Visitatoren preis¬
gegeben. Die Wagen wurden mit mißtrauischen Blicken durchsucht und die
Koffer durchwühlt, und um diesen Unbequemlichkeiten zu entgehen, sah sich
der Reisende genöthigt, zur Bestechung seine Zuflucht zu nehmen, wodurch
die Beamten gewissenlos wurden. Nicht viel weniger gehaßt war das Ta¬
backs Monopol. Die Unterthanen durften keinen andern Taback kaufen,
als den, welchen die königlichen Fabriken lieferten, und da dieser schlecht und
zugleich theuer war, so wurde fremder Taback heimlich aus dem Auslande
eingebracht. Dadurch wurde aber die Moralität vieler Menschen verdorben,
und viele wurden unglücklich, indem die Aufpasser sie über dem Schleichhan¬
del ertappten. Auch die hohe Abgabe, welche Friedrich auf den Kaffee
legte, wurde scharf getadelt. Er wollte nicht, daß so hohe Summen jährlich
für dies ausländische Getränk aus dem Lande gingen; denn seit einiger Zeit
war der Genuß des Kaffee's allgemein verbreitet. Die erhöhte Abgabe er¬
regte daher allgemeines Murren, aber eingeschränkt wurde der Verbrauch
dennoch nicht, weil der Mensch nur sehr schwer von eingewurzelten Gewohn¬
heiten sich trennen kann.