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Wie erschrak Menelaus, als er zu Hause ankam und alles leer
fand! Da half nicht Klagen, nicht Drohen; der Fremde war
mit seiner Beute davon und wollte sie ihm durchaus nicht zu¬
rück geben. Jetzt sann er auf Rache. Mit Gewalt wollte er
sie wieder holen. Alle Könige und Königsöhne im Lande um¬
her fanden sich bereit, den Rachezug mitzumachen. Sie alle
kannten und liebten die schöne Helena und sahen ihre Entfüh¬
rung als einen Schimpf für ganz Griechenland an. Vorzüg¬
lich aber lockte sie die Hoffnung auf die reiche Beute, welche
sie ans der eroberten und geplünderten Stadt fortzuführen ge¬
dachten. Der Hafen Aulls in Böotien wurde zum allgemeinen
Sammelplätze bestimmt. Dahin kamen mit ihren Scharen ge¬
zogen Menelaus selbst und sein Bruder Agamemnon,
König von Mycenä; ferner der unerschrockene Diomcdes
aus Argos, Ajax aus Salamis, und Ajax aus Lokris, Pa¬
troklus und Philoktetes aus Thessalien/ Mnestheus
ans Athen, Jdomeneus aus Kreta und andere berühmte
Helden. Der ausgezeichnetste und gefeiertste aller Kämpfer aber
war Achilles, Führer der Myrmidönen aus Thessalien, der an
Kühnheit und Gewandtheit einem Löwen glich. Dagegen kam
Keiner an Klugheit und Erfahrung dem Odysseus (Ulysses),
König von Jthlka, und dem alten Nestor von Pylos (in Mes¬
senien) gleich. Die Gesammtzahl der Griechen belief sich wohl '
auf hunderttausend Mann, und beinahe zwölfhundert Schiffe
dienten zur Ueberfahrt. Agamemnon, den mächtigsten König
des Landes, wählten die übrigen Fürsten zum Oberanführer,
ließen sich aber dadurch von der Herrschaft über ihre eigenen
Völker nichts nehmen.
Ein widriger Wind verhinderte lange das Auslaufen der
Flotte. Das schien ein Mißfallen der Götter anzudeuten. Man
holte einen Priester herbei, Kalchas hieß er; er sollte erforschen,
wie man ihren Zorn besänftigen könne. „Nur durch das
Blut der geschlachteten Jphigenia, der Tochter des Aga¬
memnon!" war die schreckliche Antwort. Hierüber entsetzte sich