Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

139 
Doch diese beiden Haufen waren nicht die einzigen. Die 
Begeisterung der übrigen Völker ergriff auch bald die Deutschen. 
Scharenweise strömten sie, ohne alle Vorkehrung aus ihrer Hei¬ 
mat hinaus, um die heilige Stadt zu befreien. Manche waren 
des Weges und des Zieles so unkundig, daß sie bei jeder Stadt, 
bei jeder Burg, die sie erreichten, neugierig fragten, ob hier 
nicht Jerusalem sei! Andere meinten, es sei nicht genug, gegen 
die Türken zu ziehen, auch die Juden hätten das Leben ver¬ 
wirkt, weil sie Jesus gekreuzigt hätten. Und sie fingen ihren 
Kreuzzng damit an, daß sie über die wehrlosen Juden, beson¬ 
ders in den Rheingegenden, herfielen, sie zu Tausenden erschlu¬ 
gen und sich ihrer Habe bemächtigten. Dann zogen sie hin¬ 
auf. Zu ihren Führern wählten sie einst eine Ziege und eine 
Gans. Wohin die Thiere, die sie für gottbegeistcrt hielten, 
gingen, dahin folgte der tolle Schwarm nach. Ohne Zucht und 
Ordnung hauseten sie in den Gegenden, durch welche sie zogen. 
Doch die Strafe für ihre Zügellosigkeit erhielten sie bald genug. 
Sie fanden, wie die Uebrigen, größtcntheilS in Ungarn ihr 
Grab. Nur wenige entkamen und gelangten in dem allerkläg¬ 
lichsten Zustande nach Constantinopel. 
Der griechische Kaiser hatte daS Abendland wohl um Hülfe 
gegen die Türken gebeten, aber nicht erwartet, daß man ihm 
solche zügellose Horden zuschicken würde. Er erschrak hierüber 
nicht wenig und suchte der beschwerlichen Gäste sobald als mög¬ 
lich los zu werden. Ungesäumt ließ er sie über die Meerenge 
nach Asien übersetzen. Dort rafften Hunger und Krankheit 
ganze Scharen der Kreuzfahrer dahin. Was übrig blieb, fiel 
den lauernden Türken in die Hände und wurde bis auf drei¬ 
tausend Mann niedergemetzelt. Auch Walther von Habenichts 
blieb im Gefechte. Mit dem kläglichen Ueberreste floh Peter 
auf das eiligste nach Constantinopel zurück. So wenig ent¬ 
sprach der erste Anfang dieser Züge den glänzenden Hoffnungen, 
mit welchen sie unternommen worden waren.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.