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Jedoch wurden jene neuen Kriegesmaschinen im Felde an¬
fangs wenig gebraucht. Sie galten für heimtückische Waffen,
die sich für einen ehrlichen Krieger nicht schickten. Besonders
eiferten die Ritter gegen die höllische Erfindung, wie sie
dieselbe nannten. Denn was half ihnen jetzt all' ihre Kraft
und Gewandtheit, was die trefflichsten Waffen und Rüstungen,
da ein Fingerdruck des Feigsten aus weiter Ferne sie dahin¬
strecken konnte! Sie legten Lanze und Schwert nieder, als ge¬
meine Fnßknechte mit Musketen und Kanonen sich ihnen ent¬
gegenstellten. Von nun an verrichteten Söldlinge, die deshalb
auch den Namen Soldaten erhielten, den Waffendienst; und in
den einzelnen Staaten bildeten sich aus diesen allmälig stehende
Heere, zunächst in Frankreich, wo stehende Compagnieen, Zeus
d’armes genannt, den Anfang dazu machten. Von nun an
mußten gegen diese „Artillerie"*) festere Mauern, breitere Grä¬
ben, haltbarere Außenwerke bei den zu vertheidigenden Plätzen
angebracht werden. Die Schlachten selbst waren im Ganzen
weniger blutig und wurden mit weniger persönlicher Erbitterung
geführt, als in früheren Zeiten, wo Mann auf Mann grimmig
einhieb. Die Entscheidung der Schlacht hing jetzt nicht so sehr
ab von der Anzahl der Streiter und ihrer Körperkraft, als von
der Gewandtheit der Anführer. Die Kriegcskunst wurde zu
einer besonderen Wissenschaft, die viele Kenntniß und Uebung
erfordert. So durchgreifend wirkte die Erfindung des Pulvers,
deren Urheber an nichts weniger, als an Krieg und Schlachten
gedacht hatte.**)
3. Erfindung der Buchdruckerkunst. — Unter allen
Erfindungen war diese die wichtigste und zugleich die schönste
*) Von dem lat.: ars tollendi (sc. globos) d- i- Kunst zu schießen
(näml. Kugeln).
**) Im Jahre 1846 wurde in Deutschland die Erfindung gemacht,
Baumwolle so zu bereiten, daß sie die Stelle des Schießpulvers vertreten
kann. Die hiemit angestellten Versuche haben sich seither ziemlich be¬
währt; nur für den Kriegesdicnst ist die Schießbaumwolle noch nicht ge¬
eignet gefunden.