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der nach dem Besitze aller Länder von dem Ausflusse des
Rheins bis zu seinen Quellen strebte. Im Besitze einer könig¬
lichen Macht wollte er auch den königlichen Titel und wandte
sich an den Kaiser Friedrich, daß dieser, als erster weltlicher
Fürst, ihm diese Würde ertheile. Friedrich fand sich durch
diesen Antrag nicht wenig geschmeichelt. Auch hoffte er bei dieser
Gelegenheit eine Verbindung zwischen seinem Sohne Maxi¬
milian und der Maria, des Herzoges einziger Tochter, zu
Stande zu bringen, und so die Hausmacht Oesterreichs durch
die reichen burgundischen Erbstaaten um ein Bedeutendes zu
vermehren. Er begab sich deshalb selbst mit seinem Sohne nach
Trier und beschied auch den Herzog dahin. Karl erschien mit
einer Pracht, welche die kaiserliche weit übertraf. Sein Krieges¬
mantel blitzte von Perlen und kostbaren Steinen und wurde
allein auf 200,000 Thaler geschätzt. Sein Gefolge bestand aus
verschiedenen Fürsten, Grasen und Herren und einer auser¬
lesenen Mannschaft von 8000 Reitern und 6000 Fußgängern.
Er hielt sich der königlichen Würde so gewiß, daß er bereits die
Kleinodien zu seiner Krönung mit sich gebracht, selbst schon die
Krönungsfeierlichkeit im Tom zu Trier veranstaltet hatte. Frie¬
drich aber verlangte vor der Krönung die Verlobung seines
Sohnes, und da Karl zauderte, wurde er in seinem Mißtrauen
bestärkt, welches Karl's größter Feind, der eifersüchtige König
von Frankreich, Ludwig XI., ihm eingeflößt hatte, als strebe
der ehrsüchtige Herzog selbst nach der Kaiserkrone. Sogleich brach
er die Unterhandlungen mit dem Herzoge ab, dessen Stolz und
unmäßige Pracht ihn auch wohl beleidigt haben mochte, und
reisete, ohne einmal von ihm Abschied zu nehmen, plötzlich von
Trier nach Köln. Tief gekränkt verließ auch Karl die Stadt,
mit dem Vorsatze, seine Tochter nicht dem Sohne des Kaisers
zu geben, so lieb er auch den blühenden Jüngling gewonnen
hatte, der in allen ritterlichen Uebungen ein Meister war. Nach
der Rückkehr entwarf er seiner Tochter das schönste Bild von
dem Kaisersohne, so daß sie eine stille Neigung zu ihm hegte
und sich ihm nachher in einem Briefe verlobte.