Die Deutschen
1. Einleitung.
Ilm die Zeit, als das römische Reich nach vielen harten
Schlägen im Abendlande endlich unterging, bot Europa ein trau¬
riges Bild grenzenloser Verwirrung dar. Die losgerissenen Theile
des unermeßlichen Reiches lagen wie große Trümmer umher, vom
Rhein bis an das atlantische Meer, von Britannien bis hinab
in Sicilien. Ueber ihnen schwärmten die wilden Sieger, das
Racheschwert in der Hand. Manche Städte sanken in Trümmer,
die herrlichsten Werke menschlichen Fleißes und menschlicher Kunst
wurden mit roher Hand verwüstet. Ganze Gegenden, die früher
mit den üppigsten Erzeugnissen den Fleiß ihrer Bewohner be¬
lohnten, lagen nunmehr verödet und verwilderten mit den Men¬
schen. Bei dem stets schwankenden Zustande der Dinge löseten
sich alle Bande der Ordnung und der Gesetze. Die Verwirrung
und die Noth waren so entsetzlich, daß manche das Ende der
Welt nahe glaubten.
Aber nur das Ende eines in seinem Innersten verdorbenen
Reiches war erschienen; schönere sollten an dessen Stelle treten.
Gleichwie nach einem furchtbaren Ungewitter das liebliche Bild
des Himmels fröhlich aus dem dunkelen Gewölle wieder hervor¬
tritt, so gingen auch aus jenem trüben und verworrenen Zustande
allmälig schönere Zeiten für die Völker Europas auf. Darum
ist der Untergang des römischen Reiches ein Glück zu nennen.
Weiterer Weltgesch. H. 17. Aufl. 1