Full text: Neuere Geschichte (Theil 3)

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terschule „das junge Deutschland", welche nach mannichfalligen 
liebergriffen viel Treffliches geleistet hat, — L. Börne, H. Heine lind 
F. Dingelstedt besondere Anerkennung. Deutschland war und ist an 
Dichtern das reichste Land, so daß die Aufzählung aller erwähnenswerten 
Namen außer unserem Bereiche liegt. Am beliebtesten in neuerer Zeit sind 
L. Uhland, F. Freiligrath, A. Grün (Graf Auersperg), E. Geibel, 
H. König, I. Rank, A. Stifter und B. Auerbach geworden. 
§. 2V. Die Frauen. 
Schon in der Geschichte der französischen Revolution ist gesagt worden, 
welchen großen Antheil das weibliche Geschlecht an der gewaltsamen Um¬ 
wälzung genommen hat; wir fügen nur noch hinzu, daß wohl die Sitten- 
losigkeit, die tmtcr den letzten Negierungen am Hofe der französischen Könige 
herrschte, eben so viel, als die Belastung des Volkes durch unerschwingliche 
Auflagen dazu beigetragen hat. In einem Lande, wo die Königinnen und 
Prinzessinnen (wie es unter der Regentschaft des Herzoges von Orleans 
und Ludwig's XV. der Fall war) gemeinen Weibern, oder Tänzerinnen 
und Sängerinnen nachstehen mußten, bildete sich allmählig, wenigstens bei 
dem weiblichen Geschlechte, die Idee der Gleichheit aus. Anders sollte es 
unter Ludwig XVI. werden, der neben seiner Gemahlin keiner Frau eine 
besondere Gunst bezeigte, Sittlichkeit und Ordnung am Hofe wieder ein 
führte. Marie Antoinette war ganz geeignet, sowohl durch ihre Würde, 
als auch durch Liebenswürdigkeit alle Hofdamen zu überstrahlen; allein 
sie war zu arglos, um sich nicht gerade durch eben diese Vorzüge eine 
Unzahl von Feindinnen am Hofe zu erwecken, deren Haß um so unver¬ 
söhnlicher war, je weniger sie im Stande waren, den Glanz ihrer Er¬ 
scheinung zu verdunkeln. Sie legte absichtlich allen Prunk und Schmuck 
ab und begnügte sich, in einfachem, aber höchst geschmackvollem Anzuge täglich 
neu und anders zu erscheinen. Dadurch wurde sie die eigentliche Schöpferin 
der Mode, welche zuerst nur den Hof und Paris, dann ganz Frankreich 
und endlich ganz Europa beherrschen sollte. Die Modehändlerin Made- 
moiselle Berlin und die Operntänzerin Mademoiselle Guimard gingen 
ihr in Erfindung gefälliger Formen treulich an die Hand und tyrannistrten 
mit ihrer königlichen Gebieterin die weibliche Welt, welche sich's nun ein¬ 
mal nicht nehmen ließ, der Königin in geschmackvoller Kleidung völlig gleich 
zu kommen. Als Marie Antoinette sich in einem solchen modischen 
Schmucke einst malen ließ und das Porträt ihrer Mutter sandte, schickte 
ihr Maria Theresia dasselbe zurück und schrieb: „Ich habe das Bild 
der Königin von Frankreich erwartet und du hast mir eine Operntänzerin 
gesandt." Leider ging diese mütterliche Lehre bei der jungen Fürstin verloren, 
die umgeben von einem leichtfertigen Hofe noch obendrein durch prachtvolle 
Feste immer mehr Aergerniß gab. Ihr Hang zu theatralischen Vorstellungen,
	        
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