222. Bei dem Grabe meines Vaters. 
\. Friede fei um diesen Grabstein her, 
sanfter Friede Gottes! Ach, sie haben 
einen guten Mann begraben, 
und mir war er mehr; 
2. iräuste mir von Segen, dieser Mann, 
wie ein milder Stern aus bessern Welten! 
Und ich kann's ihm nicht vergelten, 
was er mir getan. 
3. <Lr entschlief; sie gruben ihn hier ein. 
Leiser, süßer Trost, von Gott gegeben, 
und ein Ahnen von dem ew'gen Leben 
duft' um sein Gebein, 
bis ihn Jesus Thriftus, groß und hehr, 
freundlich wird erwecken !— Ach, sie haben 
einen guten Mann begraben, 
und mir war er mehr. 
Matthias Claudius. 
222. Grast. 
Sn deinem alten heil'gen Bibelbuch, 
drin du in frommer Andacht oft geblättert, 
fand heut ich ein vergilbtes „Fliegend Herz", 
wie kam's hinein? Hat zitternd deine Hand 
am Grab der Schwester es dereinst gepflückt? 
war's eines andern teures Angedenken? 
Nicht weiß ich's; aber tröstend sprach's mir zu: 
CD weine nicht! was irdisch ist, vergeht; 
was unvergänglich, fliegt dem Himmel zu, 
und ewig triumphierend bleibt die Liebe! 
Nicht klagend sollst du an den Gräbern stehn. 
Solch Mutterlieben kann nicht untergehn! 
Hermann Kicksnr. 
224. G lieb, solang' du lieben kannst! 
f. CD lieb, solang' du lieben kannst! 
CD lieb, solang' du lieben magst! 
Die Stunde kommt, die Stunde kommt, 
wo du an Gräbern stehst und klagst. 
2. Und sorge, daß dein Herze glüht 
und Liebe hegt und Liebe träat, 
solang' ihm noch ein ander Herz 
in Liebe warm entgegenschlägt! 
3. Und wer dir seine Brust erschließt 
o tri ihm, was du kannst, zulieb! 
Und mach ihm jede Stunde frei 
und mach ihm keine Stunde trüb! 
4. Und hüte deine Zunge wohl, 
bald ist ein böses Wort gesagt! 
CD Gott, cs war nicht bös gemeint' 
Der andre aber geht und klagt.