Full text: Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte

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zu gehen und wilde Thiere zu erlegen, oder mit Lanzen, Pfriemen, 
Schilden und kurzen Schwertern in den Krieg zu ziehen und die 
Feinde zu erschlagen. Und wenn sie selbst Ruhe und Frieden hat¬ 
ten, so zogen Tausende jährlich aus zu andern Völkern, um diesen 
im Kampfe zu helfen. Denn Krieg war ihre Lust und Kampf ihr 
Vergnügen. Den Ackerbau besorgte bald dieser, bald jener Theil 
des Volkes, und dann bearbeitete der Eine hier, der Andere dort 
den Acker. Niemand hatte ein festes Eigenthum; es sollte sich 
auch Niemand ein solches erwerben, damit er nicht die Lust am 
Kriege verliere. Dabei waren die Semnonen und Langobarden 
ein züchtiges und keusches Volk, liebten Ordnung und Regel, Treue 
und Ehrlichkeit. Wenn sie etwas versprachen, so konnte man gewiß 
sein, daß sie ihr Versprechen hielten, denn das Ja galt bei ihnen 
wirklich Ja, und das Nein wirklich Nein. Kam ein Fremder zu 
ihnen, so nahmen sie ihn aus, als ob er ihr Verwandter sei. 
Man fragte ihn nicht neugierig, woher er komme und wohin er 
gehe; das, meinten sie, sei sehr vorwitzig. 
Das Volk theilte sich in zwei Stände, in Freie und Knechte. 
Die letzteren hatten es aber sehr gut. Ihnen waren kleine Be¬ 
sitzungen gegeben, von welchen sie eine geringe Abgabe an die Freien 
zahlten. Diese machten den ersten Stand aus, durften Waffen 
tragen und auf den Volksversammlungen an Voll- und Neumon¬ 
den erscheinen. Hier wurden die allgemeinen Angelegenheiten des 
Stammes besprochen, über Krieg und Frieden berathen und die 
entstandenen Zwistigkeiten untersucht. Den Verbrechern wurde die 
Strafe angekündigt, welche die Götter bestätigten und die Priester 
vollzogen. Denn diese Völker waren Heiden und hatten mehrere 
Gottheiten. Ihren obersten Gott nannten sie Alfadur oder Allvater. 
Dann hatten sie einen Gott des Krieges, der hieß Wodan, einen 
Gott des Donners, Namens Thor, und noch mehrere andere Gott¬ 
heiten. Diesen weihten sie Haine, in welchen große, uralte Eichen 
standen. Einen vorzüglich heiligen Hain gab es im Semnonen- 
lande. Jeder, der dies Heiligthum betrat, mußte mit Ketten seine 
Hände zusammenbinden, so große Ehrfurcht hatten sie vor der 
Gottheit. Alle Jahre kamen von den benachbarten Völkern Boten 
zu diesem Haine, um der Gottheit ein Opfer zu bringen. Ge¬ 
wöhnlich bestand dies in einem gefangenen Menschen, den sie 
dem Gotte zu Ehren schlachteten. Rücklings gingen sie hinaus. 
Fiel einer zufällig nieder, so durfte er nicht aufstehen, er mußte 
sich auf der Erde hinauswälzen. — Besonders theuer war diesen 
Völkern ^ die Göttin Hertha. Auf einer Insel im Meere war 
ein heiliger Hain und in demselben ein geweihter, mit schö¬ 
nen Teppichen behängter Wagen. Die Göttin wohnte am Ende 
des Hains in einer heiligen Wohnung. Bisweilen ging sie 
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