Full text: Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte

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Der Kaiser Karl, welcher schon früher mit den beiden Brüdern 
einen Vergleich abgeschlossen hatte, daß, wenn sie kinderlos sterben 
sollten, das ganze Kurfürstcnthum ihm zufalle, konnte einer solchen 
Regierung nicht länger ruhig zusehen. Er beredete den Otto, ihm 
gegen ein Jahrgehalt das Land abzutreten. Otto willigte ein und 
übergab im Jahre 1373 sein Reich dem Kaiser. So war auch 
das baierische Fürstenhaus in Brandenburg zu Ende. Aber wie sah 
es setzt in dem Lande aus? Verloren waren viele Provinzen, und 
nur die Altmark, Mittelmark, Neumark, Ukermark und Priegnitz 
noch an Brandenburg. Verödet standen Aecker und Fluren, zerstört 
waren viele Städte und Dörfer, arm und zerlumpt gingen die 
Einwohner einher. Auf den Landstraßen hausete das vornehme 
Raubgesindel und das gemeine Räubervolk. Niemand war seines 
Eigenthums sicher. Brandenburg war in fünfzig Jahren unter den 
baierischen Fürsten ein Land des Jammers geworden. 
9. Das Fürstengeschlecht der Luxemburger erhält das Land. 
Des Kaisers zwölfjähriger Sohn, Wenzel, wurde Kurfürst 
von Brandenburg, aber Karl selbst führte für ihn die Regierung 
und sorgte väterlich für das Land. Er ließ viele neue Gebäude 
aufführen, damit die Menschen nützliche Beschäftigungen fanden; es 
wurden Flüsse schiffbar gemacht, um den Handel empor zu bringen. 
Die Straßenräuber fing man ein, und wen man als solchen er¬ 
wischte, der wurde ohne Ansehen der Person an dem ersten besten 
Baume aufgeknüpft. Karl hielt sich selbst recht viel in der Mark 
auf. Dann konnte jeder Unterthan zu ihm kommen, um ihm seine 
Noth zu klagen, konnte es ihm selbst anzeigen, wenn ihm Unrecht 
geschehen war. Und der Kaiser half, so viel er vermochte, und 
hielt Ordnung und Recht im Lande mit starkem Arme. Den Rich¬ 
tern schärfte er Unparteilichkeit ein und gab ihnen einen Siegelring 
mit der Umschrift: Richtet recht, ihr Menschenkinder! — Unter 
einer solchen Regierung erholte sich Brandenburg sichtlich. Wir 
wissen aus jener Zeit, daß damals in der Mark 171 Städte und 
Schlösser und 1094 Dörfer waren. Ein Scheffel Weizen galt 16, 
Roggen und Gerste 10, Hafer 5 Pfennige. 
Und das Land würde erst in der Folge recht aufgeblüht sein, 
wenn Karl länger regiert hätte; aber leider starb er viel zu früh 
für die Mark, 1378. Nach seinem Tode wurde sein elfjähriger Sohn, 
Sigismimd, Kurfürst von Brandenburg. Sigismund war gar nicht 
in dem Kurfürstenthume, sondern hielt sich in seinem Lande Ungarn 
auf. In Brandenburg regierten Statthalter nach Willkür. Was 
nur an Geld und Geldeswerth von den Unterthanen zu erpressen 
war, was man nur verkaufen oder verpfänden konnte, das packte
	        
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