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Geschichte der neueren Zeit.
Eroberungen zurück, weil er sich bereits auf eine Unternehmung von
unendlich größerer Bedeutung vorbereitete.
Der spanische Erbfolgekrieg (1701—1714).
§ 225. Die spanische Monarchie theilte seit Philipp II. mit
Deutschland das Schicksal von den aufstrebenden Mächten gerupft zu
^bis 1621^ ^^den. König Philipp III. erbte die Kriege seines Vaters gegen
* ' Engla nd, Holland und Frankreich und hatte wenig Glück, ob¬
wohl die spanischen Feldherrn und Soldaten sich noch einige Zeit als
würdige Schüler der Peskara, Alba, Parma rc. zeigten. Die spanische
Monarchie dehnte sich zu weit aus und ermangelte des Zusammenhangs;
von Italien besaß die Krone die Insel Sardinien, das Herzogthum
Mailand, das Königreich Neapel sowie die Insel Sicilien; an *
der deutschen Gränze die isolierte Franchekomtö und die gleich¬
falls isolierten katholischen Niederlande, die gegen Frankreich
nur so lange zu halten waren, als das deutsche Reich es für seine
Aufgabe hielt, das Anschwellen der französischen Macht zu verhindern
und deßwegen Spanien zu unterstützen. Dieses hatte an die Eng¬
länder und Holländer die Herrschaft über das Meer verloren,
daher wurden reiche Kolonien und Silberflotten die Beute derselben, sowie
der Verkehr zwischen dem Mutterlande und den Kolonien unterbrochen.
Ueberdies litten Bergbau, Ackerbau und Gewerbe in Spanien durch die
starke Auswanderung nach Amerika, schlechter Staatshaushalt erschöpfte
die Hilfsquellen, daher fehlte es fast immer an den nöthigen Mitteln, wäh¬
rend zugleich das Regierungssystem das Aufstreben talentvoller Männer
niederhielt und deßwegen den englischen, holländischen und französischen
Admiralen, Feldherrn und Staatsmännern selten ebenbürtige gegeuüber-
stellen konnte.
Reg. 1621 § 226. Unter Philipp IV. verursachte der Aufstand Arago-
bis 1665. niens und Kataloniens wegen Antastung ihrer Privilegien einen
inNeapel zehnjährigen einheimischen Krieg, 1647 war ein Aufstand in Neapel
Losreißung ZU unterdrücken, Portugal aber riß sich los. Am 1. December 1640
Portugals, erhob sich Lissabon, das ganze Land folgte diesem Beispiele und
rief den Herzog von Braganza als Johann IV. zum Könige aus und
Spanien sah sich nach einem vieljährigen wechselvollen Kriege gezwun¬
gen, den von Frankreich und England unterstützten Peter II., den
1668. Enkel Johanns IV., als König von Portugal anzuerkennen. Philipps IV.
Reg. 1665 Sohn Karl II. verlor an seinen Vetter Ludwig XIV. die Franche-
bis 1700. sowie einen beträchtlichen Theil der Niederlande. Er war
kinderlos und setzte testamentarisch den bayerischen Prinzen Joseph
Ferdinand, der von mütterlicher Seite mit ihm verwandt war, zum
Erben ein, und als der Prinz 1699 starb, Ludwigs XIV. Enkel, den
Herzog Philipp von Anjou, dessen Großmutter Karls II. Schwe¬
ster war; die Ansprüche des Kaisers Leopold I., die er als Habs¬
burger, als Sohn und Gemahl einer spanischen Prinzessin erhob, blie¬
ben unberücksichtigt, wohl hauptsächlich deßwegen, weil Karl II. glaubte,
Ludwig XIV. werde seinen Enkel als König von Spanien am kräftig¬
sten in der Behauptung der spanischen Kronländer beschützen können,
da voraussichtlich England und Holland zugreifen würden.