Zweite Periode.
Von dem Abschlüsse des Augsburger Religionsfriedens (1555; Sieg
der Reformation in Deutschland) und von der Beendigung des Trien-
ter Koncils (1563) bis zum Abschlüsse des Weftphälischen Frie¬
dens. — (Zeitalter der Religionskriege.)
Vom Jahre 1555 ; 1563 — 1648.
§. 1. Die Jesnitcil.
Der Sieg, den die Wahrheit und Geistesfreiheit durch den Religions¬
frieden von Augsburg errungen hatte, konnte ohne Zwietracht und wilde
Kämpfe sich nicht befestigen. Wir haben im Laufe unserer Erzählung, zur
Genüge gesehen, daß jede Neuerung und jeder Fortschritt auf dem Boden
der Geschichte mit theurem Blute erkauft wird. Wie im Leben des Ein¬
zelnen tausend Wünsche zum Opfer gebracht werden müssen, um ein gro¬
ßes und wahrhaftiges Ziel zu erreichen, so muß auch die Menschheit im
Großen viele ihrer Glieder opfern zur Erringung einer neuen Stufe auf
der Bahn des Lebens. Die Ausgleichung freilich kann der arme, kurzsich¬
tige Mensch nur kümmerlich begreifen; sie bleibt der ewigen Weltord¬
nung überlassen.
Wir stehen am Ausbruch von Kämpfen, die zu den schrecklichsten und
blutigsten gehören, welche je auf europäischem Boden gewüthet haben, am
Beginne der Religionskriege, die von den Pyrenäen bis zu den Karpathen
Völker und Länder in Elend und Verwirrung stürzten. Hat auch die in-'
nerliche, wunderbare Heilkraft der Natur und des Geistes aus den Wun¬
den selbst, so tief und unheilbar sie schienen, Arznei gezogen, so war es
doch genug, ein ganzes Jahrhundert lang die Kunst und Wissenschaft zu
verscheuchen, die Blüthe ganzer Nationen zu vernichten und Verwilderung
der Gesinnungen und Sitten an der Stelle christlicher Liebe und Fröm¬
migkeit zu verbreiten.