Full text: [Neuere Geschichte] (Theil 3)

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zu Augsburg im Jahre 1518, wo er seinem Enkel Karl die Nachfolge zu¬ 
sichern und die Deutschen zu einem Feldzuge gegen die Türken bewegen 
wollte, konnte er die allgemeine Stimmung wohl merken. „Nicht in 
Stambul," riefen die deutschen Fürsten und Ritter, „in Rom ist der Feind 
des Reiches, gegen den man zn Felde ziehen müsse!" Die Königswahl 
unterblieb, so wie der Kreuzzug gegen die Türken. Das Jahr daraus starb 
der gute Kaiser und drei Könige bewarben sich um die deutsche Krone: die 
Könige von Frankreich, England und Spanien. Der thätigste darunter 
war Franz I. von Frankreich, der mit Bestechungen und allerlei Künsten 
sein Ziel verfolgte. Allein die deutschen Reichsstände, den Erzbischof 
von Trier ausgenommen, verwarfen es, einen fremden Herrn zu ihrem 
Oberhaupte zu wählen: vor Allen erhob Franz von Sickin gen, der 
mächtige Ritter am Rheine, welcher wohl 20,000 Gewaffnete in's Feld 
stellen konnte, seine Stimme dagegen. Man bot nun dem Kurfürsten 
Friedrich dem Weisen von Sachsen, der das Reichsverweser- 
amt führte, die Krone an; da er aber wohl einsah, daß Franz I. seine 
Zurückweisung rächen würde, und daß das Reich gegen diesen Feind und 
gegen die Türken in dieser stürmisch bewegten Zeit eines mächtigen, nach 
allen Seiten hin thätigen Oberhauptes bedürfe, er auch überdies schon be¬ 
jahrt und ein gar frommer und stiller Mann war, der das Lebensglück 
nicht in hohen Ehren und Würden, sondern in Gott und einem guten Ge¬ 
wissen suchte, lehnte er den ehrenvollen Antrag ab und empfahl dafür, zum 
Besten des Reiches, Karl von Spanien, der, wenn auch in den Nieder¬ 
landen geboren, doch von deutschem Stamme und des guten Kaisers 
Maximilian Enkel sei. » 
Der Vorschlag wurde angenommen, und Karl, als der Fünfte 
dieses Namens, einstimmig zum Könige und Kaiser erwählt; das Reichs¬ 
verweseramt führte Friedrich fort, bis Karl aus Spanien in Deutschland 
anlangte. So hatte es Gottes Vorsehung gnädig gewendet, daß in den 
Jahren 1519 und 1520, in welchen Luther eben von Rom und dessen 
Dienern hart bedrängt wurde, der edle Friedrich Reichsverweser war 
und der neuen Lehre in den ersten Jahren ihres Entstehens eine schirmende 
Hand reichen konnte. 
Den 3. Januar 1521 erneuerte eine zweite Bannbulle, die sogar über 
jeden Ort, in welchem Luther oder dessen Anhänger sich aufhalten würden, 
das Interdikt aussprach, den päpstlichen Fluch. Zudem war der junge 
Kaiser anderen Sinnes als Friedrich; war er auch dem Papste nicht 
persönlich ergeben, so haßte er doch, als Spanier in der größten Recht¬ 
gläubigkeit erzogen und als angehender Herrscher auf das Bestehende an¬ 
gewiesen, jede Neuerung, und die verfochtene Freiheit des Glaubens erschien 
ihm als eine Vorläuferin der politischen Freiheit des Reiches und der 
Neichsstände. 
Im Jahre 1520 kam Karl nach Deutschland; vor seiner Krönung 
mußte er folgende Bedingungen zu Gunsten der Reichsstände beschwören: 
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