Full text: [Neuere Geschichte] (Theil 3)

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schreibet gewagt haben, und- unter denen Karoline Pichler, Therese 
Huber, Johanna Schoppenhauer, Amalie Schoppe u. s. w. doch 
wohl einer rühmlichen Erwähnung würdig sind. 
8. 5. Die neueste Tagesliteratur. 
Das junge Deutschland. 
Wie in den zwanziger Jahren, nach den gewaltigen Kämpfen, welche 
der Napoleon'schen Herrschaft ein Ende machten, die romantische Rich¬ 
tung, so entstand in der neuesten Zeit die sogenannte Tendenzlitera¬ 
tur, welche, der religiösen und politischen Kämpfe sich bemächtigend, den 
Tagesinteressen sich selbst hingebend, die Idee der Kunst, die in und für 
sich selbst besteht, aufhob, um der Entwickelung des großen Ganzen im 
Staats- und Volksleben absichtlich mit allen ihnen zu Gebote stehenden 
Mitteln dienstbar und förderlich zu sein. Wir sehen diese neue Erschei¬ 
nung der Literatur, welche den letzten Revolutionen theils voranging, theils 
sich anschloß, schon beginnen mit Börne, dem geistreichen, gesinnungs¬ 
treuen, obschon einseitigen Journalisten und Literaten, mit Heine, dessen 
Lieder süß wie Mondesslrahlen aus der Dunkelheit seines wüsten Lebens 
hervordringen. Gutzkow, Laube, Kühne, Theod. Mundt, in neue¬ 
ster Zeit Freitag, nebst einer großen Reihe Gesinnungs- und Bestrebungs¬ 
genossen schlossen sich an. Nach allen Seiten der Literatur und Poesie 
verbreitete sich ihre Wirksamkeit: Journalistik, Roman und Novelle, 
Drama und Lustspiel, Epos und Lyrik wurden mit gleichem Eifer 
angegriffen, wofür jedes Zeitungsblatt, jeder Theaterzettel zum Beweise 
dienen mag. Wer nicht dem freien Panier der neuen Tagespoesie folgen 
konnte, der siel dem Weltschmerze anheim. Müde der Zerrissenheit der 
äußeren Verhältnisse, ohne Kraft, sich selbst als einiges Ganze heraus¬ 
zuretten, von Leidenschaft und Unglück verfolgt, der Zeit zum Opfer ging 
der ächte und edelste Dichter der Neuzeit, Lenau (Niembsch von Streh- 
lenau), im Irrenhaus zu Grunde. Anastasius Grün (Gras v. Auers¬ 
perg) vergaß in den vornehmen Kreisen, für welche die Geburt ihn be¬ 
stimmte, seiner stillen Muse. Vielleicht mögen Prutz und Dingelstedt 
hier noch eine würdige Stelle finden. 
Was die eigentlichen streng-politischen Tendenzdichter betrifft, wie 
z. B. Herwegh, Hofmann von Fallersleben, denen sich, wenig¬ 
stens theilweise, Freiligrath, Kinkel, Becker u. A. m. zugesellen, 
so müssen sie, wie Alle, deren Muse fremden Zwecken dienstbar geworden 
ist, es dulden, daß sie in das Dunkel der Vergessenheit zurücktreten, so 
wie das Ziel, dem sie huldigten, in die Ferne gerückt ist. Noch erwähnen 
wir Redwitz, der den Triumph der katholischen Kirche mit ziemlich
	        
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