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Erster Teil. Die Zeitalter der deutschen Dichtung.
5. Bal' Fried is, a’ Gesangl,
Dees is unser' Freud,
Und bal' Krieg is, a' Juchezer
Hat aa' nit gfeit,
Tenn mir sän all' Soldatn,
Dees leit schon in' Bluat,
Und die boarischn Kugln
Die arbetn guat.
162. Fritz Rruler
ist geb. am 7. November 1810 zu Stavenhagen in Mecklenburg-Schwerin als Sohn des dar
tige'n Bürgermeisters. Auf der Schule kam er nur langsam vorwärts, erreichte aber doc»
die Reife für die Universität, aus der er die Rechte studierte. Doch kümmerte er sich 1*,n
die Wissenschaft wenig, sondern ergab sich dem Müßiggang und dem Trünke, von dem
er nie ganz losgekommen ist. Er gehörte einer Burschenschaft an und wurde deshalb, um
„weil er am hellen, lichten Tage in den deutschen Farben herumgegangen", wegen Ho»?
Verrats angeklagt und zum Tode durch das Beil verurteilt, dann zu'3Öjähriger Festungshaft
begnadigt. Nach sieben Jahren wurde er freigelassen. Er war nun *10 Jahre lang
Ökonom, tat aber während dieser Zeit wenig und kam daher nicht zu einer festen Lebens
stellung. Seine Vermählung mit der Pfarrerstochter Luise Kuntze heilte ihn zwar mau
völlig Don seiner Neigung zum Trünke, übte aber doch insofern einen günstigen Einfluß
auf ihn aus, als seine Frau ihn zu literarischer Tätigkeit anregte. Er wurde Redakteur
eines Unterhaltungsblattes und Theaterdichter, doch schlugen diese Unternehmungen fehl'
und erst, als er ganz und gar der humoristischen Poesie und Prosa sich widmete und F
mit sein ihm angeborenes Talent zur Geltung brachte, erst da war er in die rechte B^"'
gelangt. 1863 ließ er sich in Eisenach nieder, wo er 1874 starb. — Reuter ist der
gründer und zugleich der hervorragendste Darsteller des humoristischen Romans und m
nicht nur der größte deutsche, sondern der größte Humorist überhaupt. Sein Humor w
weit natürlicher und ungezwungener als z. B. der der vielgerühmten englischen Humoristen
Seine Gestalten, die er allerdings aus seinen eigenen Lebenserfahrungen genommen, nicht
erfunden hat, sind überaus lebenswahr und sind daher so volkstümlich geworden wie die
keines anderen Dichters. Die Stimmung der weitaus meisten seiner Werke ist echte
deutsche Urgemütlichkeit, eine unverwüstliche, behagliche Heiterkeit, die ihn selbst bei der
Schilderung seiner Festungszeit nicht verläßt. Deshalb, und weil sie im mecklenburgische"
Plattdeutsch geschrieben sind, können seine Werke auch nicht in fremde Sprachen übersetzt
werden. Seine Hauptwerke sind: „Ut mine Stromtid", „Ut de Franzosentid", „Ut
Festungstid", „Hanne Nüte", „De Reis' nah Belligen", „Läuschen und Rimels".
S. S. 576 des I. Teiles u. S. 494 des III. Teiles.
Sämtliche Werke. Wismar 1892.
Aus „Kanne Aüte nn de lütte Pudel".
Sparlingsjochcns Heimkehr.
Un in de Wid't t'ens sinen Kopp2, Un schütt denn mal en Enn lang fürt
En beten sidwarts in den Kropps, Un ruckst denn an^ un horkt un lnrt,
Sitt in en Knasts bat Sparlingswiw, Un putzt de Näs' fick mit de Pot
Sös bunte Eier unner 't Liw. Un smüstert heimlich vor fick Heu:
Sei brött so heit un sitt so nnft5, „Dat rök hir doch nah Botterbrod,
Als wenn s'up 't Nest annagelt is; Wo Dünner! aewer is dat denn?"
Un blot ehr Kopp geiht hen un her, Un Sparlingscho röppt: „Mus'körling^,
Un niglich kickt sei ut de Dör hir!
Un kickt un krüs't ehr Huw' tau Hvg', Hir unnen in bat blag Poppir!"
Wer Deuwel vor ehr Husdör leg'. — De Mus'buck treckt sik neger 'ran
Mus'buck3, de lett sin Klewerwörtel? Un kickt sick Hanne Nüten an,
Un flickt dörch Gras un jungen Nettel, Ob hei ok woll tan trugen wir,
1 Weide. 2 am Kopfende. 3 Kropf. 4 Knorren. 5 fest. fi Mausebock. ' Kleewnrzeb
3 hält mit einem Ruck an. 3 Die Sperlingsche. 43 Mausekarlchen.