Full text: Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

Der Hussitenkrieg. 
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Heere anrückte; denn sie wollten keine Ausländer in Böhmen haben und 
den Kelch im Abendmahle behalten. Sie riefen den Ziska zu Hilfe, 
und seine Taboriten verbrannten die Klöster, die Männer die Mönchs-, 
die Weiber die Nonnenklöster: nur der Wischehrad und das Schloß auf 
der Kleinseite blieben im Besitze der königlichen Truppen. Im Mai 1420 
rückte Sigismund mit 50,000 Mann in Böhmen ein und mit ihm ver¬ 
einigte sich das Kreuzheer (im März 1420 war durch einen päpstlichen 
Legaten die Kreuzbulle gegen die Hussiten verkündet worden), das 
100,000 Mann zählte. Die Hussiten machten nun einen förmlichen Bund 
und duldeten keine Neutralität; wer sich nicht zu ihnen bekannte, sollte 
als Feind betrachtet und behandelt werden. Der Krieg wurde von bei¬ 
den Seiten mit Grausamkeit geführt; die Taboriten verbrannten Mönche 
in Prag, dagegen ersäufte Sigismund Hussiten in der Elbe bei Leit- 
meritz. Aus Tabor machten die Hussiten einen siegreichen Ausfall, Ziska 
eroberte Königingrätz, warf sich aber nach Prag und den Berg Witkow, 
als Sigismund gegen die Hauptstadt vordrang. Den 14. Juli wagte 
dieser einen Sturm auf den Witkow, wurde jedoch zurückgeschlagen und 
der Witkow hieß von jetzt an Ziskaberg. 
Die vier Prager Artikel. Die Taboriten. 
Ans dies hin unterhandelten die Prager, denen die Herrschaft der 
fanatischen Bauern nicht zusagte, abermals mit Sigismund; sie bestanden 
auf vier Artikeln: 1) Freier Predigt für die hussitischen Priester im 
ganzen Lande. 2) Dem Kelch im Abendmahle für alle Christen. 3) Die 
Geistlichen sollen keine Güter besitzen und keine weltlichen Dinge treiben. 
4) Todsünden und Gesetzwidrigkeiten sollen bei Geistlichen und Laien 
bestraft, keine Kirchen- und Ablaßgelder entrichtet werden. („Wer diese 
Artikel wehrt, ist der Antichrist.") Sigismund konnte unmöglich darauf 
eingehen, aber eben so wenig länger vor Prag liegen, daher ließ er sich 
eilig auf dem Wischehrad krönen und zog nach Kuttenberg ab. Den vier 
Prager Artikeln stellten die Taboriten zwölf andere gegenüber, in denen 
es unter anderem heißt: „Offenbare Sünder, Ehebrecher, Hurer, Räu¬ 
ber, Gotteslästerer und Müßiggänger werden nicht geduldet. Schlechte 
Häuser und Schenken sind verboten, ebenso kostbare und prächtige Klei¬ 
dung. Betrug ist streng zu bestrafen. Heidnische und deutsche Gesetze, 
die gegen die Bibel sind, werden abgeschafft. Die Priester müssen nach 
dem Vorbilde Jesu leben. Die Lehrer und Vorgesetzten sollen dem gött¬ 
lichen Gesetze unterworfen sein und ihre Vorschriften demgemäß geprüft 
werden. Alle früheren geistlichen Güter sind Gemeindegut. Alle Feinde 
des hussitischen Glaubens werden vertrieben. Die Klöster und über- 
flüssigen Kirchen mit ihren Altären, Bildern u. s. w. werden ver¬ 
nichtet." Diesen Artikeln gemäß hausten die Taboriten in Prag; 
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