Full text: Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

Der Hussitenkrieg. 
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Taboriten und Kalixtiner. 
Unterdessen trieb es der Prager Pöbel unter einem ehemaligen 
Mönche Johann von Zelan bis zum praktischen Kommunismus und be¬ 
herrschte Prag, bis sich der Magistrat ermannte, den Zelan köpfen ließ 
und den Aufstand des Pöbels blutig unterdrückte (März 1422). Wäh¬ 
rend nun in Deutschland das Kreuz gepredigt wurde, die Fürsten ab¬ 
wechselnd Landtage hielten und einander bekriegten, schien Böhmen in 
sich selbst zu zerfallen; die Prager erwählten den Großfürsten Witold 
von Lithauen zu ihrem Könige, der ihnen den Prinzen Sigmund Kori- 
but als provisorischen König zuschickte; so viel bewirkte der Haß gegen 
die Deutschen, daß sich die Böhmen lieber einem noch halbheidnischen 
aber slavischen Volke anschloßen. Der Adel wollte jedoch den Koribut 
nicht, der Karlstein vergebens belagerte, Ziska wollte noch weniger zu¬ 
rücktreten, und als sich Sigismund mit dem polnischen Könige versöhnte, 
wurde Koribut von diesem zurückgerufen. Aber nun brachen neue Un¬ 
ruhen in Prag aus, die bald zu einem förmlichen Kriege der Taboriten 
gegen die Prager und den Adel, die Kalixtiner, erwuchsen, ein religiös¬ 
gefärbter Kampf der Demokraten und Aristokraten (1423 und 1424). 
Die Taboriten siegten unter Ziska den 20. April bei Horszicz in blutiger 
Schlacht, verwüsteten die Güter der Kalixtiner und hatten Mannschaft 
genug, um ein Heer zu entsenden, das Oesterreich bis Stockerau und 
Krems verwüstete. Hierauf erschien der Lithauer Koribut abermals, und 
jetzt war der Adel für, aber Ziska um so entschiedener gegen ihn. Bei 
Kostelecz gewann er abermals die Schlacht und bedrohte Prag mit Zer¬ 
störung; dem Hussiten-Theologen Rockyczana gelang es jedoch die Par¬ 
teien zu versöhnen, und Ziska zog friedlich im September in Prag ein. 
Er starb den 12. Oktober 1424, über 70 Zahre alt, auf einem Feldzuge 
nach Mähren gegen Herzog Albrecht von Oesterreich, Sigismunds 
Schwiegersohn. Der fürchterliche Ziska, der größte Feldherr seiner Zeit, 
wurde in der Hauptkirche von Czaslau begraben; später ließ Ferdinand II. 
seine Gebeine herausnehmen und unter einem Galgen verscharren; seine 
Keule, mit der er manchen Priester durch einen Schlag auf die Tonsur 
getödtet hatte, wird noch gezeigt. 
Die beiden Prokope (1424—1434). Verwüstungszüge der Hussiten. 
Nach Ziskas Tode wurde die Parteiung unter den Hussiten noch 
größer; die Taboriten folgten dem Oberbefehle des von Ziska empfoh¬ 
lenen Prokopius, der große, oder weil er ehemals Mönch gewesen, der 
geschorene genannt; von ihnen trennten sich die heftigeren, die sich Waisen 
nannten (Orphaniten) und den kleinen Prokopius zum Anführer hatten; 
eine dritte Partei waren die Horebiten, diese hatten zum Haupt den
	        
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