Das Herzogthum Burgund, Mittelmacht zwischen Deutschland u. Frankreich. 317
sitz. Durch dieselbe Verwandtschaft kamen Luxemburg, Brabant und Lim¬
burg an Burgund; die Grafschaft Namur wurde durch Vergleich mit
dem Grafen erworben. Im Jahre 1433 verzichtete Jakobea von Bayern-
Holland gezwungen zu Gunsten Burgunds auf Holland, Seeland, West-
friesland und Hennegau.
Auf den ersten Herzog, Philipp, folgte dessen Sohn, Johann der
Kühne, und auf diesen Philipp der Gute, der wie sein Vater viel in
die französischen Wirren eingriff, auch mit den unruhigen belgischen
Städten zu thun hatte. In diesen fand man blühenden Gewerbfleiß
und der Seehandel Antwerpens, Brügges, Ostendes, Dünkirchens hatte
nur in den italienischen Städten Nebenbuhler. Dadurch wurden auch
die Herzoge reich; Philipp hielt eine prachtvolle Hofhaltung und be¬
günstigte Kunst und Wissenschaft, die damals in Italien einen neuen
Aufschwung genommen hatte und auf den reichen und freien niederlän¬
dischen Boden verpflanzt kräftig heranwuchsen.
Karl der Kühne und Ludwig XI. (1465).
Sein Sohn Karl (der Kühne) war seinem Vater in jeder Bezie¬
hung unähnlich und lebte mit ihm auch in Unfrieden; Karl war ein
leidenschaftlicher Mann, wollte sich als Eroberer einen großen Namen
erwerben, verstand es aber nicht, sich die Liebe seiner Unterthanen zu
erwerben oder sich treue Freunde zu verschaffen; sein Stolz und seine
Härte stieß sie von ihm zurück, und sein hartnäckiger Eigensinn ver¬
wehrte ihm guten Rath anzunehmen. Seine erste Feldherrnprobe legte
er 1465 ab, als sein Vater im Bunde mit den großen Kronvasallen
Frankreichs, den Herzogen von Bourbon und Berry, königlichen Geblütes,
und mit dem Herzoge von der Bretagne u. s. w. den König Ludwig Xl.
von Frankreich demüthigen wollte. Er verwüstete mit ihnen Frankreich,
siegte in der Schlacht bei Monthlsry (am 16. Juli 1465) zwar, nicht,
drang jedoch bis Paris vor. In dem Frieden von Konflans überließ
Ludwig Karln die Städte an der Somme, die nur gegen 200,000 Gold¬
stücke einlösbar sein sollten, trennte ihn aber auf diese Weise von den
andern Herren, die er theils an sich zog, theils wie den von Berry
gründlich demüthigte. Karl strafte unterdessen die Städte Lüttich und
Dinant, deren Schirmvogt er war, 1466 für ihre wiederholten Aufstände
grausam, ließ sein eigenes Land durch die Zuchtlosigkeit seiner Söldner¬
banden leiden und seine Unterthanen sahen es als kein freudiges Ereig-
uiß an, als er 1467 seinem Vater folgte.
Im Jahre 1468 berief Ludwig XI. die Stände nach Tours und
gewann sie ganz für sich gegen die großen Vasallen; der Herzog von
der Bretagne unterlag ihm vollständig und mußte allen Bündnissen ent¬
sagen. Aber unbegreiflicher Weise ließ sich Ludwig durch Karl zu einer