Full text: Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht (Theil 3)

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Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands re. 
land, wo die Mannschaft der oberdeutschen Städte unter Schertlin von 
Burtenbach, einem kriegserfahrenen Hauptmann der Landsknechte, zu 
ihnen stieß. Nun sprach der Kaiser die Acht über den Kurfürsten und 
den Landgrafen aus (20. Juli), nicht weil sie Protestanten waren, den 
Punkt der Religion sollte das Koncil entscheiden, sondern er verhängte 
die Acht über sie als ungehorsame Reichsstände, und dies machte die 
beiden Herren stutzen, weil sie an Herzog Ulrich von Wirtenberg dachten. 
In den Bewegungen des protestantischen Heeres trat in Folge davon 
Schwankung und Ungewißheit ein; Schertlin wollte rasch angreifen, so 
lang der Kaiser noch keine Macht beisammen habe, die der schmalkaldi- 
schen gewachsen sei, allein ihm wurde von dem Landgrafen grob wider¬ 
sprochen, was derselbe am andern Tage mit Trunkenheit entschuldigte. 
Endlich rückten sie gegen den Kaiser, der sich bei Ingolstadt verschanzt 
hatte, und kanonierten aus der Ferne aus sein Lager. Auch hier rieth 
Schertlin zu einem Sturme, wie er so manchen mit den Landsknechten 
gegen Franzosen, Italiener, Schweizer und Türken früher ausgeführt 
hatte; aber vergebens. Unterdessen verstärkte sich der Kaiser und brach 
in Schwaben ein. Bei Gingen erfocht er durch einen gut angelegten 
Hinterhalt einen kleinen Vortheil, und gleichzeitig erhielt Johann Frie¬ 
drich die Nachricht, sein Vetter Moriz sei in Kursachsen eingebrochen. 
Moriz war von der sächsisch-albertinischen Linie, Johann Friedrich von 
der ernestinischen, welcher die Kurwürde gehörte. Beide Vettern waren 
schon lange mit einander im Streite; auf dem Regensburger Reichstage 
hatte Karl den ehrgeizigen Moriz vollständig gewonnen, indem er ihm 
die Kurwürde und einen Theil der Besitzungen Johann Friedrichs zu¬ 
sicherte, auch versprach, daß den Protestanten jedenfalls die Priesterehe, 
der Kelch und Luthers Lehre von der Gnadenwahl verbleiben solle. 
Während nun Johann Friedrich nach Süden gegen den Kaiser vorrückte 
und dafür in die Acht fiel, überzog Moriz sein Land, indem er die Ein¬ 
wohner wegen der Religionsgefahr beruhigte und als Grund seines 
Einschreitens angab, daß sonst die sächsischen Länder von König Ferdi¬ 
nand besetzt würden. Da eilte Johann Friedrich mit seinem Heere schnell 
nach Sachsen zurück, trieb seinen ungetreuen Vetter hinaus und bemäch¬ 
tigte sich auch des größten Thciles von dessen Landen. Aber das Bun¬ 
desheer, das bisher den Kaiser im Schach gehalten hatte, lief im Herbste 
noch auseinander und überließ die südlichen Genossen des schmalkaldischen 
Bundes dem Kaiser. Diese geriethen in große Angst, und die starken 
Städte wagten es nicht mehr zu trotzen. Die Ulmcr Rathsherren baten 
fußfällig und in spanischer Sprache um Gnade, lieferten ihr Geschütz 
aus und bezahlten 100,000 Goldgulden Strafe. Auch Augsburg, das 
Schertlin vertheidigen wollte, ergab sich auf ähnliche Bedingungen, und 
so eine Stadt nach der andern, so daß Karls Kasse sich unverhofft zur
	        
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