Die Hugenotten in Frankreich.
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fach geschehen; die Hugenotten hatten in Nimes die Michelade gemacht
und 80 der vornehmsten Katholiken ermordet, der Herzog von Guise
wurde vor Orleans gemeuchelt und diese That von Koligni gebilligt,
Kondv wurde als Gefangener erschossen u. s. w., so daß die Bluthochzeit
nur als das größte dieser Verbrechen und Friedensbrüche dasteht. Sie
war ein meuchlerischer Vernichtungsschlag gegen die Hugenotten, die
gleichzeitig im ganzen Lande ihrer Häupter und aller Männer von eini¬
ger Bedeutung beraubt werden sollten. Der Hof hatte das Verbrechen
eingeleitet und sorgte auch für die Ausführung. Bei den fremden
Höfen wurde es auf verschiedene Weise bemäntelt: in London wurde es
als ein Ausbruch unbezähmbarer Volkswuth erklärt, im protestantischen
Deutschland hingegen die Nachricht verbreitet, der große Mord sei von
Spanien, Rom und den Guisen angelegt worden, Papst Gregor XIII.
aber wurde officiell berichtet, in jener Nacht sei eine große Verschwörung
gegen das Leben des Königs und der königlichen Familie entdeckt und
bestraft worden, so daß „der Papst genöthigt ward, gegen sein durch das
Morden empörtes Gefühl voll inneren Schmerzes und mit thränenden
Augen Kirchenfaste halten zu lassen" (Schlosser, Weltgeschichte, Bd. XIII.,
Seite 62).
Anfangs that der Schrecken der Bluthochzeit große Wirkung; Hein¬
rich von Navarra, seine Schwester und Kondo wurden wieder katholisch,
dasselbe thaten viele andere Hugenotten und noch mehrere flüchteten sich
aus Frankreich. Aber in anderen Gegenden setzten sie sich zur Wehre, und
la Rochelle, wohin sich viele Geistliche und Edelleute geflüchtet hatten, konnte
von den königlichen Truppen nicht bezwungen werden. Die Hugenotten
fochten in diesem Kriege noch viel erbitterter als in den früheren, denn
durch die Bluthochzeit waren sie im höchsten Grade gereizt, und wenn
sie auch keine entscheidende Siege errangen, so wiesen sie dafür die mei¬
sten Angriffe blutig zurück. Durch das Edikt von Boulogne 1573
wurde dieser vierte Bürgerkrieg beendigt; die Hugenotten erhielten als
Sicherheitsplätze la Rochelle, Nimes und Montauban sowie Gewissens¬
freiheit im ganzen Lande. Den Frieden benutzten sie um ihre Streit¬
kräfte zu organisieren, so daß sie als eine schlagfertige Macht mitten in
dem Königreiche dastanden. Nun wagten sie auch Forderungen an den
König, welche dieser in keinem Falle bewilligen konnte: außer den Si¬
cherheitsplätzen verlangten sie die Besetzung von zwei Städten in jeder
Provinz und zwar sollte der König die Mannschaft bezahlen, ebenso in
jeder Provinz ein aus lauter Hugenotten bestehendes Parlament, so daß
sich Frankreich in ein hugenottisches und ein katholisches spalten mußte.
Der König sagte nicht zu und schlug nicht ab, die Hugenotten aber ver¬
standen dies und die südfranzösischen heißblütigeren vereinigten sich durch
ihre Deputierten zu einem Bunde, der nichts anderes als eine Republik