80 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands rc.
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spiele folgten die vornehmsten Geusen und alle diejenigen aus dem Volke,
welche sich an die Kirchenstürmer angeschlossen hatten; die Zahl der
Flüchtlinge soll 100,000 betragen haben. Im Sommer kam Alba wirk¬
lich mit seinen Spaniern, alten erprobten Soldaten; hatte schon die Bot¬
schaft, er werde kommen, die Niederlande plötzlich beruhigt, so herrschte
fast Grabesstille, als er wirklich in Brüssel eingezogen war. Einige
Monate trat er leise und milde auf, üeß aber dann plötzlich Egmond
und Hoorn, die sich in Brüssel aufhielten und von ihm sehr freundlich
waren behandelt worden, mit noch mehreren Edelleuten festnehmen; auf
dies Signal der Rache flüchteten abermals 20,000 Menschen. Die Re¬
gentin sah nun wohl, daß der König in Alba einen Diktator geschickt
habe, und dankte ab. Alba dagegen errichtete 1568 den Rath der Un¬
ruhen, welchen das Volk den Blutrath nannte, und der jetzt verfuhr,
wie Philipp es in Aragonien angeordnet hatte, wo das Beil nicht allein
Aufrührer, sondern auch die Häupter der ständischen Partei zur Ruhe
gebracht hatte; die Freiheiten der Niederländer in Gerichtssachen wurden
durch diesen Rath vernichtet. Es war nicht mehr als gerecht, daß Ora-
niens Güter konfisciert wurden, da dieser auf eine Vorladung vor Ge¬
richt nicht erschien; Oranien war wirklich der Feind des Königs, aber
die Verfolgung traf alle Geusen ohne Unterschied, und zwar keineswegs
die schuldigsten, denn diese waren entflohen, daher wenn Alba strafen
wollte, er solche treffen mußte, welche sich durch ihre Umkehr zu der
königlichen Sache gesichert glaubten. Alba aber wollte einerseits die
früher bewiesene Untreue strafen und dadurch zweideutige Herren schrecken,
andererseits den Niederländern die Männer entziehen, die gefährlich ge¬
wesen und wieder gefährlich werden konnten, solche, auf welche das Volk
zu sehen gewohnt war; darum ließ er den 1. Juni 1568 von den ge¬
fangenen Edelleuten 18 köpfen und am 5. auch Egmond und Hoorn,
die neben dem entflohenen Oranier die angesehensten Männer der Nie¬
derlande waren. Oranien hatte deutsche Söldner geworben und fiel mit
ihnen in die südlichen Provinzen ein, während sein Bruder die nörd¬
lichen in Aufstand bringen wollte. Jener wurde jedoch von Alba ge¬
schlagen und die Söldner Wilhelms liefen auseinander, als er sie nicht
bezahlen konnte. Nach diesen Erfolgen führte Alba ein neues Finanz¬
gesetz ein und beseitigte damit die niederländischen Rechte in Sachen der
Besteuerung. Von allem beweglichen und unbeweglichen Gut sollte ein
Prozent, von jedem Erbe fünf Prozent, und von dem Kaufmannsgute
bei jedem Umsätze zehn Prozent erlegt werden. Dadurch wären die
Niederlande für König Philipp zuerst eine Goldgrube geworden und nach
wenigen Jahren wäre 'die unvermeidliche Verarmung eingetreten, denn
bei der Auflage auf den kaufmännischen Verkehr mußte dieser auf den
allernothwendigsten heruntergebracht werden; das wollte Philipps Politik,
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