Full text: Allgemeine Erdbeschreibung oder Lehrbuch der mathematischen und physikalischen und Einleitung zur politischen Geographie

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Erstes Kapitel: Gestalt der Erde. 
stn, aber nur mit einer in jedem Augenblicke durch alle Striche 
des Kompasses veränderten Richtung, was bei den Rei¬ 
sen um die Erde niemals der Fall ist. 
Gegen diesen Beweis könnte man den Einwurf erheben, 
daß, da alle Reisen um die Erde nur in der Richtung von 
Westen nach Osten, oder von Osten nach Westen haben unter¬ 
nommen werden können (indem die gegen Süden und Norden 
gemachten Unternehmungen dieser Art an dem um die Pole an¬ 
gehäuften Eise allemal ein unüberwindliches Hinderniß gefun¬ 
den haben), aus den Schifffahrten um die Erde nur ihre Ab¬ 
rundung von Osten gegen Westen erwiesen werden, mithin die 
Erde auch wohl walzenförmige Gestalt haben könne. Da¬ 
gegen ist zu erinnern, daß, wenn auch die übrigen Beweise 
nicht waren, man sich beiden Polen bereits so weit genähert 
habe *), daß die auch nach dieser Richtung hin abgerundete 
Gestalt der Erde deutlich zu erkennen war. 
Ferdinand Magellan (eigentlich: Fernando Magel- 
haens, ein Niederländer in portugiesischen Diensten), welcher die erste 
Reise um die Erde (nicht um die Welt, wie man^ gewöhnlich sagt), 
vollendete, segelte den 10. August 1519 mit fünf Schiffen von Sevilla 
in Spanien ab, um die so lange schon vergeblich gesuchte westliche 
Durchfahrt nach Indien zu finden. Er erreichte am 12. Januar 1520 
die Mündung des La Plata, den man früher für eine Meerenge ge¬ 
halten hatte, durch welche' man in das indische Meer gelangen könne. 
Wegen des einbrcchenden Winters in den Hafen von St. Julian 
eingelaufen, lernten die Reisenden die Patagonen, eine Meuschen- 
gattung von ungewöhnlicher Leibesgröße (6 Fuß und darüber) kennen. 
Am 12. October entdeckte Magellan die nach ihm benannte Straße, 
welche das feste Land Amerika's von dem Feuerlande trennt. Am 28. 
November verließ er die Meerenge, und lief in den großen Ocean (von 
ihm wegen der damals herrschenden Windstille, das stille Meer genannt) 
ein, auf welchem er Indien in kurzer Zeit zu erreichen hoffte. Aber 
wie schrecklich wurde diese Hoffnung getauscht! Fünfzehn Wochen lang 
segelten die kühnen Reisenden auf dem offenen Meere, auf welchem sie 
nur zwei unbewohnte Inseln fanden. Die Lebensmittel waren aufgezehrt, 
das^ Trinkwasser in Faulniß übergegangen. Sagespane und gebratene 
Stücken Leder, welche sie von dem Tauwcrke abgeschnitten und durch 
Einwcichen in Seewasser etwas mürbe gemacht hatten, fristeten ihnen 
*) In der nördlichen kalten Zone ist man wenigstens bis zum 82. 
Grade der Breite vorgedrungen, in der südlichen bis 74° 152 
Weddell, welcher hier am weitesten vordrang, fand das Meer in die- 
ser^ Breite frei von Eisfeldern, und schloß daraus, daß es bis zum 
Südpole frei von Eise sein müsse, und daher spätere Seefahrer diesen 
leichter erreichen würden, als den Nordpol.
	        
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