116 Das römische Kaiserthum. Von Augustus bis Romulus Augustulus.
mittleren Elbe; die große Schlacht blieb insofern unentschieden, als auf
beiden Seiten der rechte Flügel geworfen wurde, aber da Marobod, statt
am folgenden Tage eine zweite Schlacht zu liefern, sein Lager rückwärts
auf Anhöhen verlegte, so anerkannte er damit die Ueberlegenheit sei¬
nes Gegners. Die Folge davon war, daß die suevischen Ligyer von ihm
absielen und er sich nach Böhmen zurückziehen mußte. Jetzt bat er beit
Kaiser Tiberius um Hilfe, erhielt aber zur Antwort, er sei während
des Krieges gegen die Cherusker uicht Bttndesgenosse der Römer gewesen,
darum habe er jetzt auch keinen Anspruch auf römische Hilfe gegen die
Cherusker. Marobod hielt sich nur noch zwei Jahre; er hatte früher den
edeln Gothen Catualda vertrieben; dieser brachte jetzt bei dem gesunkenen
Ansehen Marobods die vornehmsten Markomanneil auf seine Seite, bekam
Marobods Burg Maroboduum (vielleicht an der Stelle des heutigen Bud-
weis) durch Berrätherei in seine Gewalt und nöthigte Marobod zur
Flucht über die Donau auf römischen Boden.
Hier wollte er campieren, um bei günstiger Gelegenheit in Böhmen
einzufallen; allein Tiberius gab ihm die gemessene Erklärung, es stehe ihm
frei, nach Böhmen zurückzukehren, doch müsse es sogleich geschehen, es stehe
ihm aber auch ein ehrenvolles Asyl in Italien offen. Marobod wählte
das letztere und aß noch 18 Jahre das Gnadenbrot des römischen Kai¬
sers, bis er, fast verachtet, starb.
- Nach dem Siege über Marobod wurde Armin von den germanischen
Völkern als ihr gemeinschaftliches Oberhaupt betrachtet, durch dessen Ansehen
und Ruhm alle Fürsten verdunkelt waren, und er ließ sie wahrscheinlich
auch seine Ueberlegenheit fühlen, wodurch er sie sehr erbitterte. Wie die
Römer erzählen, bat ein Chattenfürst den Kaiser Tiberius um Gift, mit
welchem er den großen Römerfeind aus der Welt zu schaffen versprach,
erhielt jedoch zur Antwort, das Römervolk nehme nicht durch Hinterlist
Rache, sondern mit den Waffen in offenem Kriege. Zunächst hatte Ar¬
min mit den vornehmsten Geschlechtern der Cherusker eine Fehde zu be¬
stehen, und da er mit Waffengewalt nicht gedemüthigt werden konnte, er¬
mordeten ihn seine eigenen Verwandten, weil er als König ge¬
bieten wollte, wie sie ihn beschuldigten. Er war erst 37 Jahre alt, hatte
12 Jahre an der Spitze der Cherusker und ihrer Bundesgenossen ge¬
standen und sein Leben in mancher Schlacht eingesetzt. Nach dem Zeug¬
nisse des etwa 100 Jahre später lebenden römischen Geschichtschreibers Ta-
citus wurden Armins Thaten von den germanischen Völkern in Liedern
besungen, aber das Volk der Cherusker war heruntergekommen, der von
Armin gestiftete und geleitete Bund der germanischen Völker langst
gesprengt.
C. Cäsar Calignla. (37—41 n. Chr.) Claudius. (41—34 n. Chr.)
Nero. (54—68 n. Chr.)
§. 17. Caligula, der Sohn des Germanicns, wurde von dem Volke
mit Jubel begrüßt, als er mit der Leiche des Tiberius in Rom einzog und
die höchste Gewalt übernahm. Seine ersten Regierungshandlungen ver¬
sprachen das Beste, allein bald entwickelte er eine solche Ueppigkeit,
Blutgier und Verschwendung, daß man der Angabe glauben muß,
er sei in Folge einer Krankheit wenigstens halb verrückt geworden. Er
hätte noch lange fortwüthen können, wenn er nicht einige Offiziere be-