Full text: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

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Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. 
Griechenland mit der List eines betrügerischen Spielers zu gewinnen sich 
unterstand. Demosthenes sah im Geiste mit der makedonischen Ober¬ 
hoheit über Griechenland die Freiheit (die allerdings von den Griechen 
nicht nur mißbrauchte, sondern entehrte) verloren gehen, ohne daß 
deßwegen Ordnung, gute Sitte, Friede und Wohlstand des Landes 
gewannen; denn wenn auch das eigentliche makedonische Volk ein na¬ 
türliches und unverdorbenes war, so zeigte der königliche Hof sich um 
so raffinierter, und je mächtiger das Königthum durch Eroberungen 
wurde, um so weniger brauchte es auf den makedonischen Stamm Rück¬ 
sicht zu nehmen. Uebrigens war Demosthenes selbst keiner der Alten, 
kein Perikles; er war nicht nur kein Feldherr, sondern nicht einmal 
ein guter Soldat und konnte deßwegen nie eine Befehlshaberstelle über¬ 
nehmen. Ihm traten auch nicht bloß sophistische Schurken wie Aeschines 
entgegen, sondern sogar der Ehrenmann Phokion, der freiwillig arme, 
unbestechliche. Dieser war der Ueberzeugung, mit einem Volke, wie das 
athenische eines sei, habe es ein Ende; für die Freiheit sei es zu schlecht 
und zu muthwillig, daher sei es besser, wenn es gehörig gezügelt 
werde, und je weniger es sich dagegen sträube, um so erträglicher 
werde es ihm ergehen. Theater, Spiele und andere Unterhaltungen 
würden ihm auch unter Makedoniens Oberhoheit nicht fehlen; möge es 
darum seine Rolle als das Volk der feinen Bildung, des Geschmackes, 
der Kunst und Wissenschaft spielen, den Makedoniern aber die politische, 
die Hegemonie, die bewaffnete Vertretung des Hellenenthums gegen das 
Ausland überlassen. Deßwegen konnte Phokion dem Demosthenes, der 
ihm sagte: „die Athener werden dich tödten, wenn sie toll werden" zur 
Antwort geben: „Und dich, wenn sie vernünftig werden." Dennoch 
vergaß Phokion seine Pflichten als Bürger seiner Vaterstadt nicht und 
er war der einzige athenische Feldherr, welcher den makedonischen König 
einmal nöthigte von einem wichtigen, schon halb gelungenen Unternehmen 
abzustehen. 
Der heilige Krieg (35-5—316 v. Ehr.). 
Die Phokäer hatten sich die Nutzung eines Stückes Landes ange¬ 
maßt, welches dem delphischen Gotte gehörte und waren deßwegen von 
dem Gerichte der delphischen Amphiktyonen (aus den Abgeordneten der 
einzelnen Staaten bestehend, Verletzungen des Völkerrechts und der 
Heiligthümer richtend, aber ohne große Bedeutung) zu einer unmäßigen 
Strafsumme verurtheilt worden; ein gleiches war auf Betreiben der 
Thebaner gegen die Spartaner wegen der Besetzung der Kadmea durch 
Phöbidas geschehen, allein weder der eine noch der andere Theil bezahlte 
seine Buße und niemand wagte darauf zu drängen, weil die Bezahlung
	        
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