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9. (12.) Die Pyramiden. 
In der Nähe von Masr el Kahira oder Kairo, wie wir zu sagen 
pflegen, liegen die weltberühmten Pyramiden; jenes auf der Ostseite des 
Nils, diese auf dem westlichen Ufer dieses Stromes. Im ganzen sind vierzig 
Pyramiden vorhanden, in fünf Gruppen gesondert. Die größte aller Pyra— 
miden, die Pyramide des Cheops oder Chafre, und ihre Schwestern führen 
von dem nahegelegenen Dorfe Gizeh ihren Namen, und diese Gruppe ist 
durch die Massenhaftigkeit ihres Baues die berühmteste. 
Alle Pyramiden sind Königsgräber, und jede von ihnen bildet den 
Mittelpunkt eines Totenfeldes, auf dem die Verwandten, Priester und hohen 
Beamten des königlichen Erbauers begraben liegen, teils in Kammern, in 
den Felsen ausgehauen, teils in hohen Malen, die in länglich runder Gestalt 
mit schrägen Wänden und flachen Decken meist 3bis 4 Meter hoch aufgebaut sind. 
Die Pyramide des Cheops steht auf einem Felsen, der noch 30 Meter 
über die höchsten Gewässer des Nils hervorragt. Seine Oberfläche ist eine 
von allem Pflanzenwuchs entblößte Wüste. Die erste Steinschicht ist in den 
Felsen eingelassen, und über dieser zählt man noch 202 andere, von denen 
die obere immer zurückweicht, so daß eine Riesentreppe entsteht, die eine 
Höhe von nahezu 125 Meter hat. Die quadratische Grundfläche des gewal— 
tigen Baues ist 590 000 Quadratmeter groß. 
Diese große Pyramide ist genau nach allen vier Weltgegenden gestellt; 
jede ihrer vler Ecken sieht genau nach einem Hauptpunkte des Himmels. 
Aus dieser Stellung der Pyramiden hat man eine Thatsache von großer 
Wichtigkeit für die Geschichte unseres Erdkörpers gezogen, nämlich, daß die 
Stellung der Erdachse sich seit mehreren tausend Jahren auf keine merkliche 
Weise verändert hat. Die große Pyramide ist das einzige Denkmal auf 
der Erde, das vermöge seines Alters Gelegenheit zu einer solchen Beobachtung 
geben kann. 
Es ist keine ganz leichte Arbeit, unter dem Strahl der heißen ägyp— 
tischen Sonne die Pyramide zu erklettern, und man braucht ziemlich eine 
halbe Stunde dazu. An der Spitze sind wenigstens zwei Steinschichten ab⸗ 
geschlagen. Der Blick von ihrer Höhe auf die Umgegend ist ergreifend. 
Wendet man den Rücken der Stadt Kairo zu, so hat man zur Linken den 
unermeßlichen Palmenwald, der bis nach Memphis reicht, vor sich aber und 
zur Rechten die Wüste, eine weite, feuergelbe Fläche, die keinen Punkt 
hietet, woran der Blick haften könnte, als höchstens ein paar vom Winde 
gebildete Sandhügel, die bloß erscheinen, um bald wieder zu verschwinden. 
Auf der entgegengesetzten Seite dehnt sich Ägypten, d. h. der Nil aus, der 
in seinem smaragdgruͤnen Thalgrunde dahinfließt; dann Kairo, die lebende 
Stadt inmitten der toten. 
Auf der Nordseite der Pyramide befindet sich die Offnung, durch die 
man in das Innere des großen Gebäudes gelangt. Dieses Thor ist etwa 
14 Meter hoch über dem Grunde und führt in eine enge Galerie, die sich 
nach abwärts neigt; dann kommt ein Gang von 32 Meter Länge, der 
wieder aufwärts führt. An seinem Ende ist ein horizontaler Kanal, der
	        
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